Die im Dunkeln sieht man nicht. Im Sinne dieses Brecht-Zitates hat die österreichische Dokumentarfilmerin Anja Salomonowitz ihre Auseinandersetzung mit dem Frauenhandel auf Verfremdung hin konzipiert. Fünf Erlebnisberichte verratener, erniedrigter, in Prostitution, Ehe oder Hausarbeit gezwungener Frauen werden nicht von den Opfern selbst vorgetragen, sondern von Personen, in deren unmittelbarer Umgebung sich diese und ähnliche Vorfälle […]
Die im Dunkeln sieht man nicht. Im Sinne dieses Brecht-Zitates hat die österreichische Dokumentarfilmerin Anja Salomonowitz ihre Auseinandersetzung mit dem Frauenhandel auf Verfremdung hin konzipiert. Fünf Erlebnisberichte verratener, erniedrigter, in Prostitution, Ehe oder Hausarbeit gezwungener Frauen werden nicht von den Opfern selbst vorgetragen, sondern von Personen, in deren unmittelbarer Umgebung sich diese und ähnliche Vorfälle abgespielt haben (könnten). Ein Zöllner, eine Nachbarin, ein Bordellkellner, eine Diplomatin und ein Taxifahrer gehen ihrem beruflichen und privaten Alltag nach, um jäh mit monotoner Stimme die trostlosen Protokolle in die Kamera zu sprechen, als würde es mit fremden Zungen aus ihnen heraus reden. Gegen den Nachrichten-Bilderkanon von verruchter Gürtelerotik und bemitleidenswerten armen Hascherln setzt Salomonowitz ein abbildloses (weil marginalisiertes) Grauen, das sich unbehaglich über die präsentierten Alltagswelten ausbreitet. Wenn der Film in seiner konsequenten Dekonstruktion spontan-dokumentarischer Anmutung dann manchmal ein wenig lebloser und erzwungener wirkt als womöglich beabsichtigt, steigert das nur die unheimliche Präsenz des Abwesenden. Als hätten die Geister, die Salomonowitz rief, auch vom Film Besitz ergriffen.