Wer sich mit Populärkultur, genauer dem Musiksektor, nur einen Fingerbreit eindringlicher beschäftigt als in Form ohnmächtiger Berieselung durch diverse Hitradios, kommt ganz schnell an den Punkt, wo ein Sich-Vorbeischummeln am Oeuvre der vier Wunderwuzzis aus Liverpool nicht mehr geht. Möglichkeiten zur pophistorischen Auffrischung gibt es viele, und auch das unlängst auf Deutsch erschienene, handliche Übersichtswerk […]
Wer sich mit Populärkultur, genauer dem Musiksektor, nur einen Fingerbreit eindringlicher beschäftigt als in Form ohnmächtiger Berieselung durch diverse Hitradios, kommt ganz schnell an den Punkt, wo ein Sich-Vorbeischummeln am Oeuvre der vier Wunderwuzzis aus Liverpool nicht mehr geht. Möglichkeiten zur pophistorischen Auffrischung gibt es viele, und auch das unlängst auf Deutsch erschienene, handliche Übersichtswerk aus dem Hause Bosworth leistet zum Teil hilfreiche Dienste. Doch um es gleich vorweg zu nehmen. Wer einigermaßen fab-four-firm ist und von den Herren Robertson und Humphries eine Neuerzählung der Bandgeschichte, fundierte Analysen zu kanonisierten Songs und Lyrics oder erhellende Umdeutungen bezüglich Rezeption und Wirkung erwartet, wird enttäuscht. Auf knapp 100 Seiten knöpfen sich die beiden britischen Musikjournalisten jeden einzelnen Song der zwölf regulär erschienenen Studioalben (von „Please Please Me“ bis „Let It Be“) chronologisch vor und beschreiben in aller Kürze seine Entstehungsgeschichte, etwaige produktionsbedingte Besonderheiten sowie seine Bedeutung im Gesamtwerk und verweisen mitunter auf Bezüge aus dem Umfeld. Jeder LP ist zudem eine Art knapper Einführung vorangestellt, die den Weg der Pilzköpfe skizzieren sollen: Von einer naiven, Chuck Berry covernden Merseybeat-Kapelle mauserten sie sich binnen weniger Jahre zu einem LSD-gesättigten Jahrhundertquartett, das Meilensteine wie „Revolver“ oder „Sgt. Pepper´s“ produzierte, und gaben 1970 als weitgehend ausgebrannte, streitsüchtige Egomanen das offizielle Ende der Gruppe bekannt. Der zweite Teil des Buches widmet sich nach dem gleichen Prinzip den zahlreichen Compilations und Ergebnissen von Archivplünderungen nach dem Split, darunter die amüsanten „Tony Sheridan Sessions“, die durchaus interessante „Anthology“-Trilogie oder der pseudopuristische Unsinn namens „Let It Be … Naked“. Ein Song-Register am Ende hilft bei der schnellen Titelsuche. Bei aller umfangbedingten Oberflächlichkeit muss man dem Pocketguide trotzdem zugute halten, von anekdotischem Geplauder abzusehen oder sich gar zu einer ikonografische Apotheose zu versteigen. Kurzum, kein poptheoretisches Glanzstück, aber ein faktenreicher Crashkurs in homöopathischen Dosen, der seinen Zweck erfüllt: Wirkt und tut nicht weh.