Wortwechsel: Warum gehst du nicht in die Parteipolitik?

Die Parteien haben ein veritables Nachwuchsproblem. Die angebliche »Politverdrossenheit« der Jungen ist allerdings eine Ausrede der Apparatschiks. Denn Aktivisten gibt es ebenso genug wie Handlungsbedarf. Wir haben Menschen gefragt, die sich in der Zivilgesellschaft engagieren, ob Parteipolitik für sie (k)eine Option ist.

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Und sie bewegt sich doch. Schon glaubt man, die offizielle Politik wäre endgültig an einem Endpunkt in Sachen Handlungsunfähigkeit angelangt. Dann prescht doch wieder einer ihrer Akteure mit einem nicht abgesprochenen Vorschlag vor, erntet Beifall beim Boulevard und Kopfschütteln bei denen, die Politik nicht nur aus dem Bauch betreiben und beurteilen. Oder Zustimmung bei den wenigen, die zynisch in Kauf nehmen, Inhalte für überholt und Hochrechnung und Meinungsumfragen für das Maß allen Tuns halten. Was das beweist? Bloß, dass das Bild von Stillstand und Erstarrung in der traditionellen Parteipolitik ein falsches ist. Treffender, wenn auch mindestens genauso abgedroschen, ist das der Abwärtsspirale. Denn die Erkenntnis derer, die sich (noch) nicht angewidert und frustriert vom politischen Tagesgeschäft abgewandt haben und als kritische Beobachter dranbleiben, ist: Es geht noch tiefer, jeden Tag ein bisschen weiter. Grüne, Freiheitliche, die beiden Volksparteien – an dieser Fundamentalkritik ist keine der Parteien auszunehmen. Bloß dass es sich diejenigen mit einem letzten Hauch von Anspruch und Moral etwas weniger leicht machen. Vielleicht aber doch auch nur – man ist ja selbst schon zynisch geworden –, weil diese wissen, dass ihr eigener Machtanspruch über kurz oder lang nicht mehr zu argumentieren sein wird. Dabei begehen die Altparteien (schwarz, rot, grün) einen fatalen Fehler und fehlinterpretieren die allgemeine Proteststimmung. Denn anders als viele der freiheitlichen Funktionäre sind deren Wähler nicht durchwegs Nazi-Sympathisanten. Ihr Votum ist in vielen Fällen nicht mehr als ein – verzweifelter, vielleicht unzulässiger, jedenfalls faktischer – Aufschrei. »Revolution!?!«

Dabei ist die Zivilgesellschaft wach wie nie. NGOs und Interessenvertretungen mit humanitären, manchmal auch humanistischen Motiven machen uns stark, machen mobil, machen es sich aber manchmal auch zu leicht – im Wissen, dass sie nur einen geringen Teil der Bevölkerung wirklich erreichen können und mit ihrer Konsequenz, den Rest der Bevölkerung zu ignorieren. Es soll in diesem »Wortwechsel« nicht vordergründig darum gehen, Auswege aus dieser Situation zu schildern. Überlegungen über eine Änderung des Wahlrechts (Stichwort: Mehrheitswahlrecht), die Gründung einer neuen Partei (links?, liberal?, atheistisch?) oder eine Umwandlung Österreichs von der Republik in ein italienisches Bundesland wären zweifellos zu diskutieren. Wir begnügen uns dennoch vorerst damit, Menschen, die bereits zivilgesellschaftlich und politisch engagiert sind, zu fragen, warum sie das nicht im Rahmen einer politischen Partei tun. Vielleicht die falsche Frage, vielleicht zu kurz gegriffen. Wir freuen uns über eure Beiträge.

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