Letters Of The Lost

Je mehr Musiker auf der Bühne stehen, desto größer die Gefühle – das Konzept von SLYHT funktioniert offensichtlich. Hat es bei Arcade Fire ja auch schon. Entzückend.

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„This is better than anything I ever composed“ soll der bekannte Schwede Kristofer Aström letztens bei seinem Feierabendbier getönt haben, als jemand „Letters Of The Lost“ aus den Boxen erklingen ließ. Gar vom Stuhl aufgesprungen soll er sein. Um nun den weiteren Verlauf dieses Gerüchts vorwegzunehmen, hat sich die 8-köpfige Hamburger Formation Spring Leads You Home Tonight darüber wohl – entgegen ihres eigenwilligen Bandnamens – gefreut wie eine Schar Schneekönige. Wie auch immer. Ihr musikalisches Ensemble-Konzept funktioniert jedenfalls jahreszeitenunbedingt.

Mit leicht schwermütigem A Capella-Singsang von Bandfrontmann Sebastian Schweigatz wird quasi mit „Footprints“ der langersehnte Frühling eingeläutet. Fast unmerklich und zärtlich schließen sich leise Gitarrenakkorde und vorsichtige Violinenklänge der melancholischen Gesangslandschaft an bis schließlich elektronische Sythesizerspielerei das bunte Treiben im Melodienfrühling vollendet und sich schön dramatisch bis zum Ende hin aufbauscht. Mit ähnlich ausufernden und balladesken Emotionsimpulsen geht es weiter. „Letters“ klingt aufgrund der überlagerten Stimmen und theatralischen Fiedel wie ein schmerzliches Zwiegespräch einer Person mit sich selbst.

SLYHT scheinen sich in jedem einzelnen Stück aufs Neue über großartige melodiöse Synthesen zusammenzufinden – aus einem Singer-Songwriter-artigem Auftakt entwickelt sich langsam, aber bestimmt ein dichtes Orchester, welches eine emotionale sowie instrumentale Wucht aufbaut, die trotz der omnipräsenten Ambivalenz von Wehmut und Seligkeit einen unerschütterlichen Glückszustand hervorruft, der nun tatsächlich dem ähnelt, den man an den ersten zaghaften Frühlingstagen empfindet.

Ach, und falls jemand plötzlich (und endlich) Schlaganfall-ähnliche Déjà-Vu-Erlebnisse verspürt, ist das alles andere als bedenklich oder gar verwunderlich. Bright Eyes! Arcade Fire! Jawohl! Das Spektrum von Spring Leads You Home Tonight reicht nämlich exakt von einem leidenden Conor Oberst zu den monumentalen und sehnsüchtigen Chören von Arcade Fire. Eine fruchtbare Gedanken-Kollaboration, wie „Letters Of The Lost“ eindrucksvoll demonstriert.

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