Wer den großen Sigi Maron noch nie live erleben durfte, dem sei dieses Album als kleines Substitut ans Herz und seine Venen gelegt.
Er zählt in Österreich seit Jahren zu den letzten, großen, authentischen Protestlern. Zum Glück hat er sich nach einer unfreiwilligen Pause aus gesundheitlichen Gründen vor einiger Zeit dazu durchringen können, seinem aufgestauten Zorn wieder freien Lauf zu lassen. Und wenn man sich Sigi Marons nachdenklich machenden Aggro-Balladen – live im Wiener Radiokulturhaus aufgenommen – anhört, könnte man glauben, die Welt habe sich seit der Entstehungszeit mancher Songs kaum bis gar nicht weiterentwickelt, geschweige denn verbessert, und eher sogar zurück entwickelt.
Maron reitet seine zornigen, von Reggae getriebenen Establishmentattacken unverändert bissig, und selbst wenn er das Wort „Geld“ in den Mund nimmt, bekommt es fast schon eine unständige Bedeutung. Grandios und bösartig ist immer noch die aktualisierte Fassung von Marons unverblümtem Hit „Ballade von ana hoatn Wochn“. Jedes Land hat seine Musiklegenden und -Originale. Sigi Maron, der sich nie ein Blatt vor den kritischen Mund nehmen wird, ist die österreichische Ausgabe davon.