O Brother – Klein Kalkbrenner vermittelt mit seinem zweiten Album wieder elektrisierendes Berliner Lebensgefühl, wenn er die Mauern zwischen Club und Pop mit seinen feinen Tracks besprenkelt.
Während Fritz Kalkbrenner dem Hörer auf der im März diesen Jahres veröffentlichten Mix-CD „Suol Mates“ eine musikalische Bandbreite von House über Soul bis zu Hip-Hop um die Ohren knallte, besinnt er sich mit dem zweiten Longplayer „Sick Travellin‘“ nun wieder auf seine in perfektionistisch-filigrane Technobeats gegossenen Pop-Tracks, die trotz feinster elektronischer bzw. instrumentaler Überraschungen weiterhin um diesen ganz glasklaren, charakteristischen Kalkbrenner-Sound kreisen. Klar gibt es auch Unterschiede zum gefeierten 2010er Debüt „Here Today, Gone Tomorrow“. Jede Menge Komparative – besser, ausgefeilter, tanzbarer, verführerischer, irgendwie organischer. Geiler halt.
Irgendwas Zerbrechliches, Zartes und doch unverkennbar Starkes hat sie ja wirklich an sich, diese Kalkbrenner’sche Musik. Einerseits eine in der elektronischen Tanzmusik selten gefühlte Tiefe, welche nicht nur durch die markanten Vocals zu erklären ist, sondern genauso auch bei den dominierenden Instrumentalstücken rüberkommt, und andererseits kann sie mit ein klein wenig Fantasie auch ganz easy eine ganze Clubnacht wunderschön vertonen.
Zu „Checker Heart Day“ betritt man im Club den Dancefloor und weiß genau, dass man diesen wohl die volle Nacht nicht mehr verlassen wird. Die erste Singleauskopplung „Get A Life“ stellt Fritz‘ Stimme auf dieselbe Ebene, wie die Beats und macht sie so zur eindeutigen Über-Pop-Nummer auf „Sick Travellin‘“. Wird beim relaxed-melancholischen Stück „No Peace Of Mind“ noch ein bisschen geschunkelt, bebt bei „Hummin‘ Hills“ die Tanzfläche beinah gefährlich stark – definitiv der Club-Hit, der in nächster Zeit Euphorie-Ströme gen DJ-Pult auslösen wird. Es wird also voller im imaginären Club. Zu „Monte Rosa“ holt man sich erst einmal kopfnickend den nächsten Drink, bevor „By And Means“ die Clubgäste schließlich auch aus den letzten dunklen Ecken lockt. Beim Gil Scott-Heron-Cover „Willing“ lässt es sich mit der Tanz-Bekanntschaft von vorhin dann gut smalltalken – über Jamie XX zum Beispiel (der die Kalkbrenners übrigens nicht kennt).
Nachdem „Brumaire“ noch ein letztes Mal zum Shaken und Schwitzen einlädt, geht draußen die Sonne auf. Zufrieden summend und immer noch ein wenig hin und her hopsend geht man schließlich nach Hause…, legt „Sick Travellin‘“ auf, räumt den Boden frei und macht einfach weiter. Bis zum nächsten Sonnenaufgang.