Traurig, verträumt, melancholisch – Adjektive, die im Lexikon wohl unter dem klassischen Singer-Songwriter-Album stehen würden, klingen bei Winston Yellen viel gehaltvoller.
Als Appetizer gleich einen Fun Fact – Night Beds‘ Winston Yellen hat seine erste LP „Country Sleep“ im ehemaligen Haus von Johnny Cash und June Carter in Nashville aufgenommen. Er hatte es gemietet. Ob er damit den tieftraurigen Geist vom Mann in Schwarz in seine eigenen tieftraurigen Songs eintauchen lassen wollte oder ob er die Hütte einfach cool fand – man weiß es nicht. Nehmen wir aber einfach einmal Ersteres an, denn dies beim leisen, aufmerksamen Lauschen des Albums im Hinterkopf zu haben, scheint irgendwie passend. Und romantisch auch.
Der a capella-Opener „Faithful Heights“ präsentiert die wunderschöne Stimme des 23-Jährigen Yellen bereits in beinah all ihren Facetten – er wirkt wie eine zerbrechliche, emotionale Hommage an Jeff Buckley, Rufus Wainwright und Devendra Banhart. „Ramona“ hingegen ist eine sehr Country-lastige Uptempo-Nummer, die aber ebenso von schwermütiger Melancholie lebt, wie die meisten anderen Songs auf dem Album und gleichzeitig die Frage aufwirft, ob es denn dieses besungene Mädchen namens Ramona wirklich gibt und sich ausmalt, wie sie wohl aussehen könnte.
Der nachfolgende Song „Even If We Try“ verdreht einem ebenfalls sofort den Kopf mit seinen weinenden Violinen und säuselnden Vocals und „Borrowed Time“ philosophiert danach über ebendiese geborgte Zeit und lädt unaufdringlich zum endlosen Tagträumen am Fensterbrett ein.
Der Titel „Cherry Blossoms“ klingt zugegebenermaßen irrsinnig kitschig – und unglücklicherweise ist es der Song auch wirklich. Ein bisschen weihnachtlich wirkt er außerdem. Urplötzlich findet man sich in einem imaginären Rufus Wainwright-Album wieder. Die Stimmen scheinen sich kaum mehr unterscheiden zu lassen. Einzig die bei Night Beds hier positiv zu bewertende fehlende Wainwright’sche Theatralik holt einen wieder ins Cash-Haus-Szenario zurück. „Lost Springs“ und „Was I For You?“ verführen schließlich erneut zum intensiven Tagträumen, während „TENN“ ein gefühlvolles Finale darstellt, für welches es sich doch lohnt, hellwach zu sein.
Night Beds aka Winston Yellen hat es tatsächlich fertig gebracht, ein besseres Singer-Songwriter-Album zu machen. Ein solches nämlich, das man sich selbst im Genresumpf merken kann.