Erst vor wenigen Monaten eröffnete ein neuer Innenstadtclub in Wien: das Hades. Nun muss er schon eine unfreiwillige Pause einlegen. Wie es bis jetzt gelaufen ist und – vor allem – wie es nun weitergeht, beantworten uns die Beitreiber Thomas Thurner und Antonios Katsantonis im Gespräch.
Nur wenige Wochen zwischen Zuschlag und Eröffnung hatten Thomas und Antonios Zeit, um aus der alten Bergstation Tirol das Hades* zu machen. Wo also bis dahin eher unterweltlersiche Gestalten unterwegs waren, sollte nun ein Club treten, der die Unterwelt zwar im Namen trägt, aber eine völlig andere Interpretation des Begriffs versucht. Dunkel und undergroundig soll das Hades sein, aber ohne den Berliner Ranz-Chic, wie man in aus dem Berghain und dergleichen kennt, mit gutem Sound (Funktion One), Showansätzen und einem modularen Raumkonzept, was nicht viel mehr bedeutet als dass Teile des Hades bei Bedarf abgetrennt werden können – sprich: man kann einen der beiden Floors geschlossen halten – je nach Menschenmenge und Veranstaltungsart. Das Hades richtet sich sowohl an Volksgartengeher als auch an jene, die durch den Wegfall der Kantine und der alten Sauna nun clubheimatlos geworden waren. Darüber hinaus sollen auch Leute angesprochen werden, die bis jetzt noch gar keinen Club nach ihrem Geschmack gefunden haben. Spezielle Kleidungsvorschriften oder eine Türpolitik im strengen Sinne gibt es in dem mittelgroßen Club (ab 150 Leuten auf dem Hauptfloor wirkt er schon angenehm gefüllt) nicht. "Man kann auch nackt kommen, wenn man niemand anderen damit stört und festes Schuhwerk trägt", scherzen die beiden Herren im Interview. Jene zwei Hüter – Antonios schupft die finanzielle Seite, Thomas die kreative – wussten sie laut eigenen Angaben bereits, dass es sich vielleicht nur um einen kurzen Flirt mit der Location am Karlsplatz 5 handeln könnte. Allerdings war bei Eröffnung noch nicht ganz klar, wann der Umbau des Künstlerhauses, bedingt durch die Generalsanierung des ganzen Komplexes, die sich Peter Haselsteiner im Gegenzug für Austellungsfläche für seine Privatstiftung leistet, final beginnen würde. In Moment rechne man jedenfalls damit, dass wegen dieses Umbaus am 11. Juli die Pforten des Hades vorerst zugehen. Sollten die Bauarbeiten zu lang dauern, haben die Betreiber auch schon eine Alternative in Aussicht. Mehr dazu im Interview, das übrigens noch vor der Eröfffnung der neuen Pratersauna geführt wurde – deswegen die Frage nach der Einschätzung der Situation (siehe weiter unten).
* es hat sich offenbar eingebürgert, das Lokal Hades "das Hades" zu nennen, obwohl es eigentlich der Hades heißen müsste; nur falls jemandem diese Frage unter den Nägeln brennt.
Welche Stelle kann das Hades im Umbruch der Wiener Clublandschaft gerade einnehmen, oder schafft es eine neue?
Thomas: Das Grundkonzept des Hades zielt ja nicht nur auf die Musik ab sondern auch auf das Entertainment. Das komplette Personal soll verkleidet und geschminkt sein – Freakshow-Charakter mit Feuerspucken und so weiter, Tänzer und Tänzerinnen im Käfig, dem Herzstück des Clubs. Es geht darum, den Leuten einfach mehr zu bieten als nur Musik und Sound. Jetzt am Anfang durch die Eröffnungsphase sind wir da noch nicht ganz, wo wir hinwollten. Darauf konzentrieren wir uns jetzt wieder mehr.
Antonios: Kantine und Sauna-Closing war sicher ein "angenehmer Nebeneffekt", da viele Musik-Junkies so den Weg auch zu uns gefunden haben, die die Qualität einer Funktion One eben schätzen. Aber grundsätzlich bin ich eher gegen den Gedanken, sich zu positionieren, weil ich möchte mich weder besser noch schlechter stellen als einen anderen Club.
Wien ist ja jetzt nicht dafür bekannt, dass innovative Konzepte immer gleich funktionieren. Glaubt ihr, das es diesen Entertainment-Faktor überhaupt braucht? Ist das den Leuten nicht egal?
Thomas: Wir finden es leiwand, also machen wir es. Und da es sonst keiner macht, ist es interessant. Uns tut es ja nicht weh.
Tut’s nicht? Das kostet doch auch etwas.
Thomas: Natürlich kostet es was, aber es ist uns wichtig. Wir sehen das Schminken als Werbe- und Marketingwert, weil die Leute darüber reden. Es fällt anders und mehr auf.
Antonios: Es geht auch nicht darum, nur geschminkt zu sein. Wir wollen ein Team, das das auch lebt. Das wird uns auch im Folgeprojekt noch wichtiger sein.
Wie hat sich die Einbindung der Queer-Community für euch bewährt?
Thomas: Man muss ehrlich sagen, dass es sehr viele Leute gibt, die nicht so offen sind. Trotzdem sagen wir: Das ist eine gute Sache, wir wollen das kombinieren und einbinden, wie es andere auch tun sollten. Schau dir das Berghain an – ursprünglich ein Schwulen-Club – die haben auch geschafft, dass Heteros und die Gay-Community gern hingehen. Da stoßt sich auch niemand dran.
Antonios: Wir sind kein Gay-Club, das wurde von einigen falsch interpretiert. Das haben wir vielleicht nicht richtig kommuniziert. Wir sind aber auch nicht davon ausgegangen, dass so viele Leute noch homophob sind.
Was ist nun die Geschichte mit der Baustelle?
Antonios: Im Zuge der Investition von Peter Haselsteiner ins Künstlerhaus erfolgt eine Generalsanierung. Die stand schon länger im Raum, wir wussten auch davon, die Deadline war aber noch nicht fixiert. Wir hatten gehofft, dass der Beginn eventuell erst Ende 2017 erfolgt. Haben wir uns natürlich auch gewünscht.
Thomas: Bis 11. Juli geht es jetzt mal definitiv, eventuell noch länger. Wir gehen mal von diesem 11. Juli aus. Dann wird umgebaut, wir wissen aber noch nicht, wie lange.
Und dann?
Thomas: Dann schließen sich die Pforten, werden aber wieder aufgehen. Falls es hier nicht weitergehen sollte, einfach aus dem Grund, dass der Umbau zu lang für uns dauert, wird es wo anders hinverlegt. Wäre dann eine Location, die es noch nie gegeben hat.
Gut, da eröffnen sich jetzt viele Fragen. Wie sagt man das den Mitarbeitern?
Antonios: Wir haben da von Anfang an mit offenen Karten gespielt. Intern ist das von Anfang an kommuniziert worden.
Thomas: Es weiß auch jeder, dass es weitergehen wird.
Ihr müsst jetzt also einen neuen Club aufmachen und das ganze Geld nochmal reinstecken?
Antonios: Ja, ist mit Sicherheit suboptimal (lacht). Die Laufzeit spricht natürlich nicht für die Wirtschaftlichkeit. Man muss aber auch sagen, eine Marke Hades zu kreieren, etablieren und aufzubauen war schon sinnvoll. Es wird auch am potenziellen neuen Standort das Hades sein. Olymp werden wir keinen machen. Die Leute werden schon was damit anfangen können.
Aber das Geld!
Antonios: Alles kostet Geld, das ist schon richtig.
Thomas: Wir haben relativ modular gebaut. Vieles kann man mitnehmen, manches leider nicht.
Wie glaubt ihr denn dass sich die Pratersauna Neueröffnung auf das ganze Clubgefüge auswirken wird?
Thomas: Persönliche Meinung: Der Martin Ho wird das echt lässig machen. Der jetzige Stil wird vermutlich verloren gehen, weil alles was er angreift, extrem stylish ist. Er wird sicher mit Line-Up auch reinfahren, dass alles scheppert – Budget hat er ja. Das wird eine Forelle, ein Flex, das werden alle spüren. Aber die alten Pratersauna-Puristen werden meiner Meinung nach nicht hingehen.
Wäre es dann nicht die logische Entscheidung gewesen, genau für diese Menschen einen Ort zu schaffen, die eben auf den abgefuckten alten Sauna-Stil stehen?
Antonios: Ich persönlich halte nichts von abgefuckten Sachen. Ich hab es gern sauber, wenn ich mich hinsetze und ich trink auch gern aus einem sauberen Glas. Wien ist klein, für die Anzahl der Gäste gibt’s wahrscheinlich zu viele Clubs, da brauchen wir gar nicht drum herum reden. Es wird immer ein Kampf bleiben, egal in welche Nische du dich setzt. Was ich in 23 Jahren Gastro gelernt habe: Es wird immer ein Opening, ein Closing, schönes Wetter, schlechtes Wetter geben; mal gibt es fünf Gegenveranstaltungen, mal keine, mal ist Ostern, mal ist Muttertag, mal ist Weihnachten. Egal. Ich richte mich nicht danach, welches Vakuum grade entstanden ist, weil das eh nur temporär ist. Und als Club darfst du nicht für 5-6 Monate denken.
Thomas: Du musst einen USP finden. Wir haben einen sauberen Club, der aber sehr undergroundig ist, einen VIP-Bereich, eine gute Anlage und ein Alleinstellungsmerkmal mit der Show.
Ihr habt ja für Wien etwas, was sich viele Leute wünschen: einen mittelgroßen Club. Wie wäre das bei der anderen Location, die ihr anpeilt?
Antonios: Das ist nehmen wir als Erfahrung von hier mit, dass die Größe spitze ist. In der neuen Location, die wir neu bauen würden, würden wir das beibehalten.
Thomas: Wieder modular aufgebaut, wieder zwei Floors.
Habt ihr vor im Konzertbereich, was zu machen? Veranstaler suchen ja immer wieder nach Locations?
Thomas: Ich schwärme ständig davon, er greift sich auf den Kopf…(lacht.)
Antonios: Kulturell gesehen finde ich das einen Mehrwert, war zeitlich bis jetzt einfach nicht möglich.
Thomas: Die Gedanken waren aber von Anfang an da.
Antonios: Die Veranstaler sind also herzlich eingeladen sich zu melden ab Herbst.
Klingt aber, als wolltet ihr selbst dann auch etwas machen?
Antonios: Also ich singe nicht (lacht).
Thomas: Ja, wir wollen schon selbst auch etwas machen, was unter der Woche in die Live-Konzert-Richtung geht und eine Ergänzung zum sonstigen Clubbetrieb ist.
Weitere Informationen zum Hades findet ihr auf deren Facebook-Seite.