Wiener Aktionismus ist nicht nur Nitsch, Brus und Muehl. Bedeutende Vertreterinnen (kleines i!) werden jetzt im Kremser Forum Frohner in Buchform präsentiert.
Kiki Kogelnik
"Pop became a way of life". Auch wenn die Künstlerin Kiki Kogelnik sich selbst nicht als Pop Art - Künstlerin verstand, so gilt sie als eine Vertreterin davon und wurde auch als solche wahrgenommen. Nach dem Studium an der Angewandten in Wien zog es sie nach New York, wo sie bald Teil der Factory um Andy Warhol werden sollte. Neben extravagantem Auftreten, Happenings und dem Interesse an Plastik als Material, machten vor allem ihre bunten Space-Art Zeichnungen auf sie aufmerksam.
Valie Export
Valie Export, das Alter Ego der Professorin Waltraud Stockinger, steht für vieles. Medienkunst, Expanded Cinema, Aktion und Happening. Egal welcher Darstellungsform sich die Frau bediente, femininstische Themen sind stets Anliegen, auch auf provokante Art. Den Wiener Aktionismus prägte Valie Export ebanfalls mit, so nebenbei. Zu ihren bekanntesten Aktionen zählen wohl das Tapp- und Tastkino sowie "Aus der Mappe der Hundigkeit", bei der sie Peter Weibel über die Kärntner Straße an der Leine führte. Sie ist auch die einzige Frau, die in der englischen und deutschen Wikipedia-Version unter Wiener Aktionismus angeführt wird.
Margot Pilz
Die Österreicherin Margot Pilz gehört zu den Konzept- und MedienkünsterInnen der ersten Stunde. Ihre künstlerische Produktion speist sich aus dem Geist jener avantgardistischen Zeit der 60er- und 70er-Jahre, deren Bedeutung und Potential oftmals erst in den letzten Jahren vermehrt in Galerien und Publikation Anklang fand. Radikal, aktionistisch und feministisch - aber auch selbstbestimmt.
Renate Bertlmann
An der Akademie in Wien ausgebildet und später dort selbst tätig, setzt sich Renate Bertlmann in ihren Arbeiten mit Themen wie Sexualität, Gleichstellung, Schwangerschaft, Ehe, Moral und vor allem dem Selbstbildnis auseinander. Die Performances selbst oftmals beklemmend und bedrückend, fast so wie die Siebziger in Österreich, das damals unter Bruno Kreisky erst langsam gesellschaftlich aufbrach.
Ingrid Opitz-Axterer
Ingrid Opitz setzte sich nach ihrer Ausbildung in Mode, Malerei und Grafik an der Akademie in Wien mit feministischen Themen sowie dem Protest gegen Phänomene des Konsumzeitalters auseinander. Der "bewusstlos" ausgeführten Hausarbeit der Frau und dem Konsum als Ersatzhandlung für kreative Aktivität sowie dem Versuch, sich davon zu befreien, widmete die Künstlerin Gemälde. Wie hier zu sehen durch verrenkte Körper, andeutende Pose und Picasso-Blau.
Linda Christanell
Feminismus war und ist konkretes Thema in Linda Christanells Werken. Ihre Avantgarde-Kurzfilme beschäftigen sich mit Weiblichkeit, feministischen Lebenswelten und gesellschaftlichen Zuschreibungen - dargestellt mithilfe trivialer Gegenstände wie Hutnadeln, Modeschmuck, Postkarten oder eigenen Körperteilen. Eine prägende Figur des Avantgarde-Kinos, die Dame.
Birgit Jürgenssen
Als Anfang der 70er Jahre die Frauenbewegung auch in Österreich zunehmend an Bedeutung gewann, war Birgit Jürgenssen als Künstlerin ein Teil davon. Bereits als Kind von Picasso und Paul Klee inspiriert, stellte Sie, neben 20 Jahren an der Akademie zu lehren, ihre Fotografien und Zeichnungen in renommierten Museen wie etwa dem MOMA in NY aus.
Rita Furrer
Rita Furrers vermummte Guss- und Gipsskulpturen kreisen um Themen wie weiblicher Körpersprache und kulturellem Feminismus. Ihre Arbeiten können als eine Reaktion auf sexuelle Klischees und dem weiblichen Körper als Konsumprodukt in Werbung und Pornografie verstanden werden.
Eine Kunstbewegung als Männerdomäne – dieses einseitige Bild kann man bekommen, wenn man sich etwa den Wikipedia-Eintrag zum Wiener Aktionismus durchliest. Herrmann Nitsch, Günter Brus, Otto Muehl, Peter Weibel – weibliche Beiträge bleiben in Beiträgen, Ausstellungen und Publikationen oft außen vor.
Die letztjährige Ausstellung "Aktionistinnen", von 18. Mai bis 24. August 2014 im Forum Frohner zu sehen, entfachte die Debatte um den "Wiener Aktionismus" und seine feministischen Vertreter aufs Neue – Happening, Aktion und Performance wurden unter einer geschlechterbezogenen Perspektive diskutiert.
P Power
Wenn die künstlerische Gleichstellungs-Thematik auch oftmals vermessen daherkommt, so wäre es fahrlässig, feministische Aktionismus-Vertreterinnen wie Kiki Kogelnik, Valie Export, Renate Bertlmann, Linda Christanell, Birgit Jürgenssen, Rita Furrer, Margot Pilz und Ingrid Opitz nicht miteinzubinden.
Genau deswegen wurde die Schau im Forum Frohner um diese 8 österreichischen Künstlerinnen erweitert, und danach mit einem Buch geehrt. Jener Katalog soll nun am 27. Feber präsentiert werden, und nachher zum Mit-Diskutieren anregen.
Am Podium werden die Expert(inn)en Eva Badura-Triska (Kunsthistorikerin und Kuratorin im Mumok), Johanna Schwanberg (Direktorin Dommuseum), Linda Christanell (Künstlerin) und Hermann Hendrich (Experimantalfilmer, Fotograf und Literat), sowie Dieter Ronte (Kurator der Ausstellung "Aktionistinnen") und Berthold Ecker (Leiter Sammlung der Kulturabteilung der Stadt Wien – MUSA) vertreten sein.
Das Forum Frohner lädt am Freitag, 27. Februar 2015, um 18.00 Uhr bei freiem Eintritt zur Buchpräsentation und zur anschließenden Podiumsdiskussion anlässlich der Ausstellung "Aktionistinnen" ein. Informationen zu den Aktionistinnen gibt es in unserer Gallery.