Alex Grey: Psychedelische Körperwelten

Das Künstlerpaar Alex und Allyson Grey zelebrierte mit einem Live-Painting in der Szene Wien die hohe Kunst des erweiterten Bewusstseins.

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Auf Einladung der Internationalen Prana-Schule Austria gastierte am Mittwochabend der New Yorker Cyber-Künstler Alex Grey in der Szene Wien, um dort zusammen mit seiner Frau Allyson Grey ein konzeptionelles Live-Painting zu veranstalten. Die Performance verlief als psychedelisches Kunst-Happening, zu dem sich ein überschaubares, jedoch internationales Publikum gesellte. Die Veranstaltung begann mit einem Vortrag des Künstlers über Spiritualität und Malerei und mündeten in einer semi-improvisierten, freischwingenden Kreativ-Session, in der das Ehepaar Grey unter der Begleitung von treibenden Psytrance-Beats an zwei im entstehen begriffenen Werken arbeitete, während ein exaltiertes Publikum dazu das Neohippie-Tanzbein hob.

Geburt, Tod und Transzendenz

Alex Greys Körperwelten offenbaren sich von innen nach außen: Muskelgewebe, Nervenbahnen und Organe, unterlegt mit psychedelischen Ornamenten, Chakra-Punkten und Auren, sind die tragenden Elemente seiner Malerei. Der menschliche Körper dient dabei aber nicht als anatomische Fallstudie oder Versuchsobjekt – dem Fleisch wohnt stets ein Zauber inne, der durch die Schalen von Nervenfasern und Haut mit dem Ewig-Unsichtbaren verbunden zu sein scheint. Die Grundauslegung der Graphiken ist mehr dem Visionären als einer esoterischen Idee zugewandt. Das Prisma, das sich lüftet, wenn Huxleys “Pforten der Wahrnehmung“ geöffnet worden sind, offenbart eine lebendige, dem Bewusstseinsstrom innenwohnende Mythologie. Dabei werden große Daseins-Fragen visualisiert: Geburt, Tod und Transzendenz sind die Themen, die sich kontinuierlich durch das Schaffenswerk des 57-jährigen ziehen.

Der Künstler als Party-Schamane

Greys Malerei ist eine tryptaminlastige, technoide Sakralkunst, die im Ambiente des Clubs ihre Wirkung auf mehreren Ebenen entfaltet: Das work-in-progress Experiment in der Szene Wien war einerseits eine willkommene Abwechslung zur statischen Galerie-Vernissage, andererseits ein Clubbing mit Happening-Charakter, das Hippies, Esoteriker, Cyberpunks, Kunstliebhaber und Goa-Fraggles gleichermaßen anzog. Alex und Allyson Grey gaben sich als Psytrance-Schamanen, die auf der Bühne eine Party feierten, dabei eine Massenzeremonie vollzogen und gleichzeitig intim und besonnen malten. Das Konzept war, die Live-Session als substantiellen Teil zur Entstehung des Kunstwerkes zu verstehen und die Trennlinien zwischen Innen und Außen, zwischen Künstler und Publikum, verschwimmen zu lassen. Das vollendete Bild stellte letztlich einen Maler dar, der – den Pinsel in den Himmel gerichtet und beeinflusst von kosmischen Strömungen – die Komposition als selbstentgrenzter Avatar kreiert und sich dabei mystisch-symbolischer Expressionen bedient. Synthetische Kaleidoskopmuster, jungsche Archetypen und erdverbundene Psychedelik trafen in der Live-Painting-Session aufeinander und kulminierten in einem Bild, das zwar technisch traditionell auf Öl und Leinwand aufgetragen wurde, aus der Ferne betrachtet aber wie eine exakt berechnete Computer-Animation wirkte.

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