Musiker sind ja eher aufgeklärte Menschen. Andreas Gabalier beweist nicht erst seit Hymne, Heidi und Homobash das Gegenteil. Aber nützt ihm das wirklich?
Es ist der 22. Juni 2014. Formel 1-Wochenende in Spielberg, Steiermark. Wer neben Bier und Red Bull für die nötige Stimmung sorgen soll, der Volks-Rock’n’Roller, nämlich Andreas Gabalier.
Was danach kam, ist bekannt. Er sang den Text der alten Nationalhymne, in der die Töchter Österreichs ausgeklammert bleiben (oder halt mitgemeint sind) und man sich der Männer aus der Heimat besinnt. Der Auftritt schlug hohe Wellen, die Politik mischte sich ein und es kam zu einem der wenigen Momente, in denen Maria Rauch-Kallat von allen Seiten des politischen Spektrums Respekt bekam, als sie Andreas Gabalier und seinem Schliessmuskel in der ZiB24 Konter gab.
A Lausbua eben
Gestern Amadeus-Award. Dieses Jahr vergleichsweise sehenswert, leistete sich der Steirer Bua während seiner Dankesrede ein weiteres politisches Statement, das dort mit Buhs bedacht wurde. "Man hat es nicht leicht auf dieser Welt, wenn man als Manderl noch auf Weiberl steht." Dass das zu Aufregung führt, musste ihm und seinem Management ja klar sein. Der Lausbua und Schürzenjäger von nebenan, der sowieso nichts Böses will, und eben oft das sagt, was sich sonst viele nur denken – so setzt er sich in Szene. Das war allerdings nicht immer so. Früher verkaufte er Alben, auch ohne Skandale. Das wirft zwei Fragen auf. #1 Will er das? – Ja. #2 Nützt ihm das? Nun ja…
Berge besteigen
Ob seine Pose zum CD-Cover vom "Volks-Rock’n’Roller" wirklich an eine Swastika erinnert, sei einfach mal dahingestellt. Das Cover zur neuen Platte "Mountainman"… ist mit seinen Busenbergen nicht als ein Symbol für gleichgeschlechtliche Toleranz gedacht. Was aber immer wieder deutlich wird: Gabalier vertritt gerade in jüngster Zeit Ansichten, die ein traditionelles Werte- und Rollenbild bestärken, wie in Fragen der Familienplanung (Mütter sollen auch mal daheim bleiben) oder wie viel Testosteron beim Bergsteigen freigestoßen werden kann (Gipfelpunkt ist Sex). Den Trachtenlook musste er dann auch noch in einer Auseinandersetzung mit EAV-Frontmann Klaus Eberhartinger verteidigen.
Du kaufst das sowieso nicht, aber dein seltsamer Onkel
Nun, ein Mann, der Heidi neu vertont, aber auch den Schlager ein Stück weit mitverändert hat, müsste das ja so nicht machen. Udo Jürgens hätte das in diesem Land vorgezeigt. 40 Jahre später waren genau das die Leistungen – Bigotterie, Drogen oder Auslängerfeindlichkeit zu thematisieren – die ihn neben seiner einzigartigen Karriere ausgezeichnet hatten.
Andreas Gabalier hat offenbar anderes vor. Ob er auch als Privatmensch so denkt, ist eigentlich egal. Gerade rollt er auf der Lederhosen-PR-Maschine. Dass die Leute, die sich jetzt wieder einmal über ihn aufregen, sicher nicht die sind, die auch seine Platten kaufen, sollte ja ohnehin jedem klar sein. Insofern kann ihm Berichterstattung nur recht sein, er braucht Aufmerksamkeit. Es geht nicht nur um die Charts, sondern auch um große TV-Produktionen, die bereitwillig von ORF und deutschen Sendern gezeigt werden. Es geht um die besten Sendeplätze oder die Nachfolge des angeschlagenen Musikantenstadls. Um ihn dort aus dem Spiel zu nehmen, reichen Gabaliers jüngste Aussagen noch lange nicht aus.
Dass man über Gabaliers Musik redet, dafür reicht es offenbar aber auch nicht.