Aparat: Kultur mit Alkoholismus machen

Entweder staatshörige Kultur, oder gar nichts. Ah, es bleibt auch noch DJ Ötzi. Oder der Aparat. Wir haben mit Boris und Jacob vom Aparat über die Gründe, warum sie die Zwölfergasse verlassen, über politische Orte und die Vor- und Nachteile des Vereinslokaldaseins gesprochen.

Seht ihr euch auch als politisches Lokal? Und wie politisch ist die Clubszene in Wien eurer Meinung nach eigentlich?

Boris: Wir sehen uns durchaus als linkspolitisches Lokal und versuchen auch eben jenen Kunst- und Kulturschaffenden einen Raum zu geben, die politisch tätig sind. Wir hatten diverse politische Veranstaltungen bei uns, unser Fokus liegt aber darauf zu vernetzen.

Die Clubszene in Wien betrachten wir als hauptsächlich unpolitisch bzw. kommerziell ausgerichtet. Das EKH bietet, soweit wir wissen, als einzige Lokalität die Möglichkeit eines ernsthaft politischen (queer etc.) Raumes mit genug Bass. Die Clubs sind unserer Ansicht nach mehr mit ihrem Selbstzweck beschäftigt, als mit einer Art von politischer oder ideeller Mission. Alle politisch motivierten, unkommerziellen bzw. – und das ist ein viel wichtigerer Punkt! – nicht überwachten oder kontrollierten Projekte, die Clubmusik spielen, können sich entweder keine Lautstärke leisten oder werden abgedreht.

Bei den Crews sehen wir das etwas anders. Gassen aus Zucker haben beispielsweise die Offensive gegen Rechts unterstützt und stehen mit der politischen Szene in Verbindung. Auch Tanz durch den Tag hat mit der Rummel Hummel ein unglaubliches Projekt gehabt – leider zu kurz. Sie hatten auch 3 Wochen vor Ostern am Samstag bei einer Veranstaltung auf der inneren Mariahilferstrasse einen kleinen „Floor“. Dort hat die Polizei um 18 Uhr mit einer Anzeige gedroht falls die Musik – Hip Hop, in einer Lautstärke die keine 25m entfernt im Rauschen der Passanten untergegangen ist – nicht leiser gedreht wird.

Jacob: Ein kollektiv geführter Betrieb ist per se politisch. Uns persönlich hängt das Profilieren mittels Schlagwörtern oder Dogmatismus aber zum Hals raus. Trotz linksradikaler Gedanken sehe ich uns diesbezüglich betont abseits der Szene. Radikale Szene-Orte sind aber ungemein wichtig.

Ihr sperrt ja euer Lokal in der Zwölfergasse Ende Mai zu. Warum? Was sind die Gründe?

Jacob: Wir sperren in der Zwölfergasse zu, weil wir uns nicht mehr vom Magistratischen Bezirksamt quälen lassen wollen. Wir haben da ein sehr schlechtes Verhältnis – zum Teil auch selbstverschuldet, das geben wir gerne zu. Hinterm Westbahnhof hat sich viel verändert: die wunderschöne Postbaracke ist einem Wohnblock gewichen. Wir haben diese Entwicklung falsch beurteilt – „wir waren zuerst da“ zählt leider nicht.

Dem Versprechen von der schönen, neuen Ruheoase mitten in der Stadt stehen wir diametral entgegen. Da hat sich ein wütender Mob gebildet, der leider auch Gespräche ablehnt. Ein bisschen könnte man uns als Gentrifizierungsopfer bezeichnen, aber erstens sehe ich mich nicht gerne als Opfer, und zweitens sind wir als Kulturbetrieb ja die klassischen Gentrifizierungsbeschleuniger. Diesbezüglich zu jammern ist sogar mir zu zynisch.

Schade ist es für die Zwölfergasse, die i:da und wir, das sind 7 Jahre Kulturgeschichte. Eine Nachnützung des Standorts gibt es noch nicht – Ideen immer gerne an info@aparat.co.at.

Wie geht’s weiter? Habt ihr schon konkrete Pläne?

Jacob: Auf ein Neues! Ein paar Aparatchicks gehen in Pension, aber wir haben die letzten Monate fleißig nach neuen Locations gesucht. Im Moment gibt es konkrete Verhandlungen. Es ist gerade noch zu früh den neuen aparat zu verkünden, aber bis wir Ende Mai zusperren, wird der Plan stehen.

Der neue Aparat wird noch toller, und unser Schuldenberg noch größer – das ist fix.

Den Aparat findet man hier: www.facebook.com/aparatwien oder hier: aparat.co.at oder bis Ende Mai noch in der Zwölfergasse 9

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