In Oberösterreich streitet man sich gerade um eine Phallus-Statue , dabei gibt es noch viel mehr architektonische Prachtexemplare – in männlicher und weiblicher Formgebung.
Man wirft Architektur ja nicht seit gestern vor, einen leichten Penis-Komplex mit sich herum zu tragen. Wirklich sinnvolle Gründe dafür, hunderte Meter hohe Türme in Gurkenform zu bauen, gibt es nämlich nicht. In der Architektur gibt es solche Phalli dabei schon viel länger (no pun intended), außerdem in so gut wie allen Kulturen und zahlreichen Formen (naja, eh wissen). Der englische Wikipedia-Artikel zu dem Thema ist sehr umfangreich und behandelt Säulen, Obelisken, Schreine, den Torre Agbar in Barcelona oder Abbildungen von Schwänzen auf Tempeln. Im Netz gibt reichlich Artikel zu phallischen Bauten (hier, hier oder hier).
In Österreich ist uns kürzlich die Libelle untergekommen, bei man sich wundert, wie es niemandem auffallen konnte, dass der Grundriss einem Penis gleicht. Aus diesem Grund haben wie die erregendsten Bauten dieses Landes einer kleinen psychanalytischen Sitzung unterworfen und sie mit Schätzen aus der Freudschen Zitatenkiste unterlegt.
Die Sightseeingtour durch Österreich hat aber nicht nur Phallisches am Programm, sondern führt auch zu Samba-tanzenden Türmen nach Kärnten und zur Innsbrucker Nordkette, wo sich ein Universum weiblicher Formgebung öffnet. Startpunkt der Reise ist der alt-ehrürdige Wiener Stephansdom mit einem handfesten Statement zur Gleichbehandlung.
"Es ist bemerkenswert, daß die Genitalien selbst, deren Anblick immer erregend wirkt, doch fast nie als schön beurteilt werden." (© MQ Wien)
MQ-Libelle Wien
Entworfen von Laurids Ortner – Beschlossen November 2015, Baubeginn voraussichtlich Spätsommer 2017 Der Dachausbau sollte wie eine Libelle über dem Leopoldmuseum schweben. Schaut aber eher wie ein Boner aus, sagen viele. Der Sex Appeal der Libelle wird durch eine Lichtinstallation von Brigitte Kowanz und sexy Glasfassaden von Eva Schlegel noch zusätzlich in die Höhe getrieben. Das Projekt wurde erfreulicherweise genau so am 26. November 2015 beschlossen (Details hier).
"Kunst ist ein Ausweg aus sexuellen Problemen."
Stephansdom Wien Während im 21. Jahrhundert über Binnen-Is debattiert wird, außerdem noch über Salzstreuerinnen und darüber, ob man über Abstimmungen abgestimmen muss, wussten die KirchenkonstrukteurInnen der Gotik schon wie gelebte Gleichberechtigung zu funktionieren hat. Die Portalanlage des Doms wird von einer unverkennbar weiblichen und einer ebenso eindeutig männlichen Säule flankiert. Was angeblich eher ungewöhnlich ist. Laut Dompfarrer Faber ein Zeichen dafür, dass sowohl Männer als auch Frauen in der Kirche herzlich willkommen sind. Zudem gibt es zwar einen ziemlich massiven Turm, der auch von nichts in der Innenstadt überragt werden darf. Andrerseits gibt es ein ungewöhnliches Eingangsportal. "Es ist nicht auszuschließen, dass die besondere Form tief abgestufter gotischer Trichterportale mit Mandorla im Tympanon unterschwellig sexuelle Bedeutung besitzen", heißt es hier.
"Die bisherige Entwicklung des Menschen scheint mir keiner anderen Erklärung zu bedürfen als die der Tiere." (© Fernwaerme Wien)
Müllverbrennungsanlage Spittelau Fernwärme Wien Wie man aus einer Müllverbrennungsanlage ein Wahrzeichen für einen Stadtteil, vielleicht sogar für eine ganze Stadt macht, das hat Friedensreich Hundertwasser mit seiner Spittelauer Verhübschungsaktion bewiesen. Dass er nicht nur Ehrenmitglied im unschuldigen Spittelauer Verschönerungsverein ist, zeigt die eindeutig phallische Symbolik des Turms. Im nahen Ausland gibt es von Hundertwasser noch ein paar eindeutigere Pracht-Exemplare. Drinnen kochts und brodelts derweil. Hot stuff!
"Der Mensch ist eben ein 'unermüdlicher Lustsucher', und jeder Verzicht auf eine einmal genossene Lust wird ihm sehr schwer." (© standard.at)
Aussichtsturm Pyramidenkogel in Keutschach am See
Entworfen von klaura + kaden + partner, 2013 fertiggestellt Kärntens tanzender Turm ist stolz auf seine weiblichen Rundungen. Und die Architekten sind stolz auf ihren Turm. Die Kärntner sind sowieso stolz auf alles in Kärnten. Den phallischen Türmen dieser Welt, die ständig aus der Erde schießen, wollte Dietmar Kaden ein weibliches Gegenstück entgegenschleudern. Ist prinzipiell eine ganz runde Sache geworden. Die knochige Struktur nimmt aber wieder ein wenig von der Weiblichkeit.
"Die Wollust ist die Prämie der Natur für die Mühen von Zeugungen und Geburt"
Tower Flughafen Schwechat Steht für ein Mehr an (sexueller) Orientierung. Bei Tag und auch bei Nacht. Im Jahr 2005 eröffnet, gehört der neue Tower am Flughafen Wien mit seinen 109 Metern zu den höchsten in Europa. Weil wie soll man sonst einen Überblick über all die fliegenden Rohre behalten?
"Es ist, [...] einfach das Programm des Lustprinzips, das den Lebenszweck setzt."
Ehemalige Kläranlage Wien Blumental Leider mittlerweile aufgelöst aber definitiv auf-geklärt. Die ehemalige Kläranlage in Wien Liesing überzeugt mit eindeutiger Zweideutigkeit. Ob der Architekt schon damals daran gedacht hat, dass ein paar Perverslinge Google Maps nach Gebäuden in Penisform absuchen, darf aber bezweifelt werden.
"Jeder Triebverzicht hat eine Neurose zur Folge."
Sky Bar Neue Mitte Lehen in Salzburg
Entworfen von Halle 1 Architekten, 2014 eröffnet Steht zwar noch, ist aber kein Leben drin. Die Eigentümer konnten noch keine Pächter für die oberste Etage gewinnen. Kann Folge der Krise sein aber auch einfach eine Nebenerscheinung von Hässlichkeit. Hat den österreichischen Stahlbaupreis bekommen.
"Eine Frau, die an innerer Unruhe leidet, sollte einen Arzt aufsuchen oder Einkäufe tätigen."
Hotel Pannonia Tower Parndorf
2009 eröffnet Ein Hoch auf die Pannonische Tiefebene, die durch dieses monumentale Bauwerk deutlich an Sexiness gewinnt. Mitten aus dem nichts ragt der Hotelkomplex stolz empor. Für anderwertige Befriedigung sorgt das angrenzende Outlet Center Parndorf.
"Der Mensch ist eben ein „unermüdlicher Lustsucher“
Freie Waldorfschule Graz Wer seinen Namen tanzen kann, wird nach acht Jahren wieder aus der Schule ejakuliert.
"Jede Phantasie ist ein Wunsch, der realisiert wird, eine Phantasiekorrektur der unbefriedigenden Wirklichkeit." (© innsbruck.info)
Hungerburgbahn - Innsbruck
Entworfen von Zaha Hadid – 2007 fertiggestellt Zaha Hadid hat sich ja mittlerweile einen Namen dadurch gemacht der dominant phallischen Formgebung in der Achitektur weibliche Formen entgegenzuklatschen. Mit Vagina Stadium etwa. Organisch und weich und mit zahlreichen abstrahierten Öffnungen – so präsentieren sich die einzelnen Elemente der Hungerburgbahn. So hat sich Innsbruck für das organisch-weibliche geöffnet.
Wer noch mehr solcher Beispiele in Österreich kennt, bitte kommentieren oder kurz @the_gap tweeten.