Aromatischer Lo-Fi-Traum: Zimt und ihr erfrischendes Debütalbum »Glückstiraden«

Die Augsburger Lo-Fi-Gruppe Zimt versucht sich im schwierigen Spannungsfeld der Neuinterpration der 80er-Jahre. Scheitern sieht aber trotzdem anders aus.

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© Frederik Jehle

Wenn Schlagzeuge dominant treiben, das Keyboard schleppend scheppert und der Gesang auf Lo-Fi gemischt ist, werden Assoziationen wach, die so abgedroschen wie passend, so verrucht und dennoch gewissermaßen »geil« sind. Bei jeder Gruppe, die so musiziert – und da sind Zimt aus Augsburg keine Ausnahme, aber auch keine Regel –, rufen die 80er-Jahre an und verlangen ihre Musik zurück.

Wobei: Bei Zimt wünschen sie Glück und bedanken sich über eine Neuinterpretation ihrer größten Würfe. Die Gruppe bedient sich an Versatzstücken, klingt nach deutschem New Wave, Underground-Welle, nach einer Indie-Version von Ideal, nach bayrischen Young Marble Giants, denken diese aber loser als etwa The XX. Große Fußstapfen, viel Platz im Referenzkasten des guten Geschmacks. Und auch wenn es so scheint, als würden die Schatten der Vergangenheit wie Damoklesschwerter über der Gruppe schweben, steckt in »Glückstiraden« – natürlich durchaus ironisch zu verstehen, weil zum Glücklichsein gibt’s an sich wenig Grund –, wenig Aufgewärmtes. Der Kern liegt in der Modernisierung, das Album wäre nur 2017 denkbar. Vor allem was Attitüde und Autarkie betrifft.

Zu zweit singt man nicht allein

Den Harmonien entnimmt man fachfrauliche popkulturelle Kundigkeit, der – um wieder Vergleiche herzustellen, so funktioniert das Rezipiententum – zwischen mittleren Lassie Singers und frühen Die Heiterkeit changierende weibliche Zwiegesang entpuppt sich als das Album tragend, als Alleinstellungsmerkmal. Und ja, es sind hauptsächlich Lieder über Liebe und Müßiggang, über das Noch-nicht-bereit-Sein und das Dolcefarniente.

Nicht umsonst schälen sich auch der harmonieverliebte Indie-Smash-Hit »Schwaches Herz«, das fiebrig-bunte »Noch nicht bereit« und das träg-romantische »Tag verschenken« sozusagen als Must-Hears heraus. Als Quintessenzen eines durchgängig sympathisch hörbaren Albums, das in seiner Gesamtheit nun doch sein Titelversprechen einlöst und zu freudigem Mitwippen und ekstatischem Applaus animiert. Und für eine Gruppe, die sich – quod erat demonstrandum – vor allem mit großen Vorbildern misst, ist das ein ziemliches Kompliment. Verdient.

»Glückstiraden« von Zimt erscheint am 25. August 2017 beim zuletzt sehr aktiven Label Tapete Records.

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