Auf zur Schlachtbank

Das Autorenstück „Scheinbar Treibgut“ von Florian Staffelmayr. Eine Nachtkritik.

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Bereits der Titel des Stückes, „Scheinbar Treibgut“, von Florian Staffelmayr ist verwirrend, lässt aber Düster-Geheimnisvolles versprechen. „Schauspiel mit Bänkelgesang“, (Bänkelgesang: eine mittelalterliche Einrichtung, um Nachrichten mit dramatischem Inhalt zu verbreiten) lautet der Untertitel. Und so beginnt auch das Stück. Ein untotes Donauweib tritt auf und treibt, begleitet von einer Ziehharmonika, die Geschichte singend voran. Letztere arbeitet, wie sich im Zuge der gewählten Erzählform herausstellt, auf ein alles auflösendes Moment hin. Im Hintergrund die etwas unmotivierte Bühnendekoration. Vier weiße Sonnensegel, vier Neonlampen an der Decke, ein halber Steg. Geographische Verortung: am Land, Wien-Umgebung, Obacht Stadt-Land-Schere. Peter, ein Künstler, schreibt Gedichte, und hat seine aktuelle Freundin Lisa zum „Quell seiner Inspiration“, dem Haus seiner Jugend, mitgebracht. Auch Alfred, ein Pseudo-Linker und Pia, Peters Stiefschwester, sind mit von der Partie. Das Geschehen dreht sich moralisch-politisch betrachtet um das Thema Inzest (Peter und Pia lieben sich seit sie 12 Jahre alt sind), will gleichzeitig aber auch mit der nötigen Portion Selbstironie eines Künstlerdramas punkten. Trotz komödiantischer Einsprengsel und einer insgesamt sympathischen Produktion scheitert dieses Vorhaben aber letztlich am streckenweise haarsträubenden Dialog, sowie der Tatsache, dass hier zu viele Ambitionen unter einen Deckel gepackt wurden. Die Künstlerfigur, die problemlos auch Banker oder Versicherungskaufmann sein könnte, nun aber leider einmal Künstler ist, wird einerseits der Lächerlichkeit preisgegeben („Konnte denken nur an sie/bleibt mir nur die Poesie“, etc.), ist andererseits aber in Brandreden um den Stellenwert der Kunst in der Gesellschaft verstrickt. Raum für Figurentwicklung ist dabei keinem der Schauspieler gegeben. Über die Frauen erfährt man abgesehen über deren Definition über die Männer wenig bis nichts. Pia interessiert sich für Philosophie oder Psychologie und Lisa hat einen Papa, der Firmenfeiern schmeißt. Hier mischt sich professionelles Laientheater mit Identifikationstheater auf niedrigem Niveau. „Es kommt lediglich darauf an, was wir aus unseren Erfahrungen machen“ heißt es und sich auch mal verzeihen können. Dem Premieren-Publikum hat’s gefallen, der Autor selbst zeigte sich vom Applaus gerührt. Die Entwicklungen, die das Theater innerhalb des letzten Jahrzehnts genommen hat (deutliche Regiehandschrift mit Aussage anstatt Vogelgezwitscher auf Band) scheint an dieser Produktion jedoch – scheinbar – spurlos vorüber gegangen zu sein.

Scheinbar Treibgut

Eine Produktion von Theater Ansicht br />www.theateransicht.at/Ansicht.html

Weitere Termine: 9.-12. September 2010, jeweils 20 Uhr

Schauspielhaus Wien br />www.schauspielhaus.at/

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