»Rund um die Uhr!«

Nach den Aufnahmen für ein neues Studioalbum und mit dem soeben veröffentlichten Konzertmitschnitt »Riot In Tokyo« im Gepäck spielen Atari Teenage Riot zum 15. Geburtstag von The Gap wieder live in Wien.

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Passenderweise feiert Alec Empire, das verbliebene Originalmitglied der 1992 in Berlin gegründeten und im Jahr 2000 vorrübergehend aufgelösten, bahnbrechenden Electro-Punk-Band wenige Tage nach dem Konzert in Wien selbst Geburtstag, seinen vierzigsten. Ein nahendes rundes Jubiläum, das dem freitags kurz nach 18 Uhr das Telefon in seinem Studio abhebenden Alec Empire herzlich egal ist: »Solange ich das Back-up von meinem Atari habe«, scherzt Empire, der sich generell als aufgeräumter, animierter Gesprächspartner erweist.

Für März geplante Liveshows der Band in Südamerika mussten wegen einer Erkrankung Nic Endos, seit 1997 bei Atari Teenage Riot, verschoben werden. »Ich mag es, im Moment zu handeln«, erklärte der als Alexander Wilke-Steinhof geborene Empire in einem Interview rund um den Auftritt seiner Band beim Donaufestival 2010. Entsprechend werden statt der Konzerte jetzt Interviews gegeben.

Kontroverse Statements, später Triumph

Zu besprechen gibt es einiges: Der englische MC Rowdy Superstar ist neues Bandmitglied, ein Livealbum aus Japan, wo Atari Teenage Riot keine kleine Nummer sind, ist eben erst erschienen und eine Reihe von Remixes zur Single »Collapse Of History« ist seit Kurzem auch erhältlich. Und nicht zuletzt die brisante Geschichte, dass der Entertainment-Riese Sony den Atari-Teenage-Riot-Song »Black Flags« in der Werbung für seine PS Vita einsetzt. Das Geld, das die Band dafür erhält, spendet Empire – immer schon ein dezidiert politischer Künstler mit Hang zu deutlichen und kontroversen Statements – an FreeAnons.org, die wiederum Anonymous-Aktivisten mit Spenden unterstützen, wenn diese mit Mahn- und Gerichtskosten konfrontiert sind. Besonderer Clou der Angelegenheit: FreeAnons.org hilft aktuell einem Hacker, der sich mit einer Klage von Sony konfrontiert sieht. Alec Empire selbst hat mit dem Multi Ende der 90er Jahre einen Kranz ausgefochten. »Wenn du jemals probiert hast, gegen so eine Organisation in einem anderen Land bei Gericht vorzugehen … dann willst du lieber andere Dinge mit dieser Zeit und diesem Geld tun«, fasst der wehrhafte Künstler in einem Blog-Post die bittere Erfahrung von damals zusammen. Mit »Black Flags« wandelt sie sich doch noch in einen Triumph.

Auf die Frage, ob er die kreative Arbeit an und für Atari Teenage Riot als unglamourösen, disziplinierten Nine-to-five-Job anlegt, lacht Empire herzlich: »Nine to five? Rund um die Uhr! Sonst geht das nicht. Das haben Menschen außerhalb der Band schon reklamiert.«

Für das neue, noch titellose Studioalbum fand die Versenkung in Musik- und Soundarbeit hauptsächlich schon letzten Winter statt. Ausschlaggebend für ein neues Album sei das Finden jener Dinge, über die gesungen werden soll, Beats, Sounds, Stücke kämen danach. Klar sei, dass sich das Album vom Vorgänger »Is This Hyperreal?« unterscheiden werde, so Empire. Ansonsten hält er sich nobel bedeckt, was Themen oder Songtitel anbelangt, avisiert wieder »mehr Programmierfrickelei« und schließt nicht aus, dass es in Wien einige der neuen Stücke zu hören gibt. Generell sind ihm Liveshows ein ganz anderes Biest als die Studioarbeit, dabei ist es durch Rowdy Superstar »mit dessen englischer Sensibilität und seinem Zugang zu HipHop und elektronischer Musik« legitim, mit und von Atari Teenage Riot Neues zu erwarten. Wobei die physische Energie des Aufeinandertreffens von Publikum, Band und Musik sicher eine ungebrochen große Rolle spielen wird. Befürchtungen, dass er diese Energie nicht mehr aufbringen kann, hat Alec Empire jedenfalls keine: »Frag mich das in fünf Jahren nochmal.«

Atari Teenage Riot sind im Rahmen der The Gap-Geburtstagsfeier am 30. April im Wiener WUK live zu sehen. Tickets gibt es bei Jugendinfo und hier.

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