Be Bud of it!

Web 2.0 hat sich zur großen Hoffnung für unabhängige Filmproduktionen entwickelt. Mit einem No-Budget-Dokumentarfilmprojekt über Bud Spencer machen Karl-Martin Pold und Sarah Nörenberg die Probe aufs Exempel.

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Ein T-Shirt war schuld: Als FH-Student Karl-Martin Pold auf Italienurlaub Zwischenstopp in Neapel machte, fiel dem ortsansässigen Campingplatzbetreiber das Konterfei auf, das in flächig schwarzem Che-Guevara-Style auf Polds Leiberl gedruckt war: Bud Spencer, sprach der Neapolitaner Pold an, der wäre ja hier in der Stadt geboren. Und sein Boss, erzählte er weiter, sei mit Spencer immer noch gut befreundet.

Pold, der ein Thema für seine nahende Diplomarbeit suchte (Studium: Journalismus und Unternehmenskommunikation in Graz), kam ins Grübeln: Wenn sich über einen solchen Kontakt ein Interview mit seinem Kindheitsidol Bud Spencer höchstpersönlich arrangieren ließe … Nach kurzer Recherche stellte sich heraus, dass tatsächlich noch kein Dokumentarfilm existiert, der Kult und Vita von Bud Spencer gründlich nachgeht – trotz dessen anhaltender Popularität als prominente Nachmittagsfernsehen-Ikone zwischen Mitteleuropa und Südafrika, trotz eines verblüffend vielseitigen Lebenswandels als Profischwimmer, Film-Superstar, Flugunternehmer etc. etc. Diese Lücke, beschloss Pold, gehört geschlossen. Das Filmprojekt „Sie nannten ihn Spencer“ war geboren.

Von Fans für Fans

Das war im Sommer 2008. Karl-Martin Polds Diplomarbeit – ein Konzept des Dokumentarfilms – ist inzwischen nicht nur fertiggestellt: Ein Exemplar davon hat er bereits persönlich an Bud Spencer übergeben. Die Teilnahme von Carlo Pedersoli (so der bürgerliche Name hinter dem amerikanischen Pseudonym) an einem ausführlichen Filminterview ist nach zwei Treffen schriftlich fixiert, auch von vielen wichtigen Weggefährten des 80-Jährigen gibt es Zusagen. Gespräche mit dem Kindheitsfreund und Bestsellerautor Luciano De Crescenzo oder dem Komponisten Maurizio de Angelis (eine Hälfte der Spencer-Soundtrack-Hitlieferanten Oliver Onions) wurden im April dieses Jahres abgedreht.

Dass Karl-Martin Pold und Sarah Nörenberg, die seit vorigem Herbst als Produktionsmanagerin mit ihm zusammenarbeitet, so weit gekommen sind – ohne Produktionsfirma im Rücken oder privilegierte Kontakte zu den Medien –, verdankt sich vor allem einer gewieften Verknüpfung von Marketing und Herstellung: „Sie nannten ihn Spencer“ ist vielleicht die erste österreichische Filmproduktion, die das Internet als Aufmerksamkeitsmaschine, aber auch als Instrument der Partizipation wirklich ernst nimmt – ein DIY-Film von Fans für Fans, nach den Regeln des Web 2.0.

Seit März 2009 lässt Pold im Blog budspencermovie.com Interessierte Schritt für Schritt an der Genese des Projekts teilhaben. Zugleich wird die Leserschaft (inzwischen verzeichnet man täglich 200-300 Viewer) per Einträgen und Newsletter-Aussendungen um Hilfestellungen und Vorschläge aller Art gebeten, von Anekdotenwissen bis zu Übersetzungen und Interviewfragen. Kontakte zu den zahlreichen internationalen Fan-Communities hat Pold über Facebook und durch gezieltes Anschreiben von Portalen wie spencerhill.de aufgebaut. Eine Presseaussendung zeitgerecht vor Bud Spencers 80er im vergangenen Oktober führte zu Präsenzen in österreichischen Medien von /TV-Media/ bis /Der Standard/ und brachte eine Menge zusätzlicher Klicks.

Testballon

Social Network-Gurus und Creative Industries-Propheten wittern in solchen netzbasierten, fannahen Produktionsweisen die Zukunft des unabhängigen Films: Statt auf den kleinsten gemeinsamen Nenner möglichst vieler potenzieller Zielgruppen schielen zu müssen, könnten Filmprojekte per Web 2.0 spezifisch interessierte Communities bereits in Konzeption und Herstellung einbinden. Ein engagiertes Stammpublikum mit treffsicherer Mundpropaganda wäre dem Film dann sicher. Auf Webportalen wie IndieGoGo oder Kickstarter werben jetzt schon zahlreiche Filmkreative für Mitarbeit und (vor allem) finanzielle Beteiligung an ihren Projekten. Auch auf www.budspencermovie.com fehlt der Spenden-Button nicht.

Als Testballon für diese Art von Filmproduktion wirkt das Sujet Bud Spencer nachgerade prädestiniert: Zum einen existiert gerade im deutschen Sprachraum dank der legendären Schnodderdeutsch-Synchronfassungen von Spencers zahllosen Prügelkomödien eine gut organisierte wie hochmotivierte Fan-Gemeinde; zum anderen gehört Bud Spencer dank permanenten TV-Replays zu einer nostalgisch aufgeladenen, generationenübergreifenden Alltagskultur, die sich auch abseits von Radikal-Fantum per Social Networks elegant anzapfen lässt. (Wer wollte Bud Spencer denn nicht gleich per Knopfdruck liken, wenn man darüber stolpert?).

Partnerschaften

Ganz so einfach ist es aber auch nicht, die begehrte „Fan Power“ zu melken. Das Vertrauen von Hardcore-Fans mit begehrten Kontaktdaten musste sich Pold beispielsweise erst durch kontinuierliches Arbeiten verdienen: „Das hat eine ganze Weile gedauert. Aber irgendwann haben auch die Skeptischen gemerkt, der bloggt regelmäßig, und der schreibt im Ernst eine Diplomarbeit über Bud Spencer.“

Auf Hilfeanfragen antworten bis heute zwar häufig dieselben paar Leute, aber der Pool an regelmäßigen Lesern wird konstant größer. Und die unentgeltliche Mitarbeit der Fans kann sich sehen lassen: Zwei Übersetzerinnen stehen inzwischen bei Recherche-Reisen und Telefonaten bei (Pold und Nörenberg sprechen kein Italienisch), eine andere Fanbekanntschaft bestückt den YouTube-Kanal mit Originalbeiträgen, ein IT-Spezialist programmiert gratis die neue Projekt-Homepage, die im Sommer online gehen soll. Neben der Biografie Spencers soll dann auch die aktuelle Fankultur in ihren extremeren Ausprägungen Gegenstand des Films werden: Zur nächsten großen Bud Spencer-&-Terence Hill-Convention im September in Halle an der Saale ist man schon eingeladen.

Über einen Fan kam Pold auch an die Telefonnummer von Bud Spencers Büro. Zum persönlichen Treffen kam es dann aber erst dank beherzter Frechheit: „Termine mit Spencer ausmachen funktioniert nicht“, erzählt Pold. „Wir wissen von einem ungarischen Fernsehteam, die haben drei Jahre gewartet, bis sie einen Termin für eine Reportage bekommen haben. Also haben wir beschlossen, einfach zu seinem Büro nach Rom zu fahren, und dort hineinzuschneien. Und er hat sich wirklich eine Stunde für uns Zeit genommen.“

Das Kamerainterview mit Spencer, das das Kernstück des Films werden soll, ist für den Sommer geplant. Das Gespräch soll vor allem auch die Recherche noch einmal justieren helfen: Umstrittenes klären, neue Spuren legen, womöglich auf bislang unbefragte Personen hinweisen. „Es gibt so wenig seriös recherchiertes Material zu Bud Spencer, weil er auch immer nur dasselbe gefragt wurde“, so Sarah Nörenberg: „Sie waren Schwimmer? Wow! Und dabei ist es mehr oder weniger geblieben.“ Derzeit ist auch beabsichtigt, einzelne Szenen aus Pedersolis Leben mit Darstellern nachzustellen (ein wenig wie im Trailer, der auf YouTube steht): einer der heikelsten Kostenfaktoren in der Planung des Films.

Die andere dringliche Agenda neben dem Bud Spencer-Gespräch lautet deshalb auch: eine Produktionsfirma finden, mit der Pold und Nörenberg ihr Konzept durchziehen können. Von den gelegentlichen Fan-Spenden alleine lässt sich das Bud Spencer Movie nämlich genauso wenig finanzieren wie vom Verkauf einer limitierten T-Shirt-Edition. Das nötige Budget, um den Film nach eigenen Vorstellungen kinotauglich zu realisieren, schätzt Pold auf 500.000 bis eine Million Euro – keine kleine Summe für die Doku eines Jungfilmers, aber die internationalen Verwertungschancen sind vielversprechend. Am Treatment für eine „kleinere“ Fassung wird sicherheitshalber ebenfalls gearbeitet. „Es haben schon einige Produktionsfirmen Interesse gezeigt. Aber uns ist wichtig, dass wir den Bezug zu den Fans, die den Film soweit gebracht haben, erhalten können“, betont Pold.

Ohne erfahrene Produktionsfirma an Bord kommt man aber nicht an Filmförderungen heran. Das Abklären der Rechte von verwendeten Musik- und Filmausschnitten (und notfalls die finanzielle Haftung für diese Zitate) überschreitet ebenfalls die Ressourcen des Zwei-Personen-Teams. Derzeit leben Pold und Nörenberg von Erspartem und betreiben die Arbeit am Film, plus minus Nebenjob, als Vollzeitberuf. Nur mit Elan und Kommunikationsgeschick lassen sich die Produktionsverhältnisse dann doch nicht umkrempeln. Man muss deswegen aber nicht gleich demütig werden. Pold: „Der Film wird gemacht, egal, was kommt.“

Aktuelle Entwicklungen und Fortschritte unter budspencermovie.wordpress.com

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