Das verflixt gute siebte Album – Beach House im Interview

Beach House glaubt zwar nicht an die Wiedergeburt ihrer Band, aber an Wachstum und den natürlichen Prozess der Veränderung. Wir haben mit Alex Scally darüber und natürlich auch über das neue Album „7“ gesprochen.

Der Aufnahmeprozess lief bei diesem Album ein wenig anders ab als bei den vorhergehenden Alben. Könntest du ein bisschen erklären inwiefern?
Das Ganze lief viel offener ab als früher. Wir haben Stimmungen zugelassen und Ideen nicht übermäßig hinterfragt. Ich glaube, dass das vor allem auch eine Frage des Selbstbewusstseins ist. Das wird im Alter natürlich immer größer und erlaubt dir kreativer zu arbeiten. Anders war auch, dass wir diesmal sehr viel kurze und kleinere Aufnahme-Sessions gemacht haben. Das hat ziemlich viel Spaß gemacht, weil wir sehr oft unmittelbar nach dem ein Song geschrieben wurde, ins Studio gegangen sind. Die Songs waren also immer noch sehr frisch in unseren Köpfen.

Gerade wenn man merkt, dass sich Aufnahmeprozesse und damit auch die Musik selbst etwas verändert – denkt man dabei dann auch an die Erwartungen, die das Publikum der eigenen Musik gegenüber hat?
Es ist nicht so, dass wir darüber gar nicht nachdenken würden oder dass es uns nicht kümmern würde. Aber gerade bei diesem Album haben wir auch einfach absichtlich nicht darüber nachgedacht, weil es unsere sprudelnde Kreativität bestimmt stark limitiert hätte. Doch in Wahrheit war nicht nur das eine unausgesprochene Übereinkunft, sondern wir haben uns still geeinigt einfach gar nicht über die Zukunft nachzudenken. Für uns ist es fast zum Mantra geworden, nicht darüber nachzudenken wer unsere Musik hört und warum sie gehört wird. Allerdings sind wir immer noch dankbar dafür, dass überhaupt jemand unsere Musik hört – das ist nach wie vor so.

Wann habt ihr begonnen aufzunehmen? War es für euch beide der richtige Moment oder war Victoria zum Beispiel gerade mehr in der richtigen Stimmung als du?
Wenn es um die Stimmung des oder der anderen geht – vor allem dann wenn es die Kreativität betrifft – sind wir schon sehr sensibel. Sind nicht beide gleichzeitig dazu bereit ein neues Album aufzunehmen, ist es, denke ich, sinnlos es überhaupt zu tun. Einige der Songs die auf diesem Album sind, wurden schon vor einigen Jahren geschrieben, beziehungsweise haben wir damals damit begonnen sie zu schreiben. Wir hatten aus den Jahren 2013, 2014 und 2015 also sehr viele Songanfänge mit denen wir weitergearbeitet haben und haben im Jänner 2017 damit begonnen die Songs dann auch aufzunehmen. Wir dachten anfangs gar nicht, dass wir mit doch relativ kurzem Abstand wieder ein Album aufnehmen würden, aber es war so viel Kreativität da, das lässt sich vorher oft nicht kalkulieren. Und es war definitiv eine sehr kreative Phase, die wir beide zur  Zeit des Aufnehmens gerade durchwanderten.

Wie können wir uns Arbeitsprozess und Arbeitsaufteilung bei euch überhaupt vorstellen?
Wir haben einen sehr symbiotischen Arbeitsprozess. Normalerweise hat entweder Victoria oder ich eine Melodie oder bestimmte Noten im Kopf und die wachsen dann immer weiter. Das geht manchmal schneller, manchmal langsamer, aber es ist definitiv immer ein Hin und Zurück bis ein Song zu dem wird, mit dem wir beide zufrieden sind.

Wenn Bands oder auch einzelne MusikerInnen ein neues Album machen, wird ihnen häufig eine Form von Wiedergeburt oder Neuerfindung attestiert. Ich habe gemerkt, dass das auch bei euch ein wenig der Fall war – wie geht ihr damit um und was haltet ihr überhaupt davon?
Dinge passieren einfach, es gab bestimmt nicht diesen einen Tag, an dem wir uns dachten, dass das der Tag unserer Wiedergeburt als Band ist. Was Veränderung angeht, glaube ich, dass sich diese über sehr lange Zeit aufbaut und dann sehr plötzlich passiert. Vielleicht ein wenig vergleichbar damit, wie es ist, wenn man Schluss macht. Das passiert auch an einem Tag, wächst aber normalerweise über längere Zeit, bis es dann wirklich dazu kommt. Oder ein Erdbeben – die Spannung die es dann letztlich auslöst, ist auch über längere Zeit gewachsen. Ich glaube also, dass Dinge immer zu einem natürlichen Zeitpunkt stattfinden. Ich glaube nicht, dass wir noch ein Album auf genau dieselbe Weise hätten machen können, wie wir an die vergangenen Platten herangegangen sind.

Beim Hören des neuen Albums dachte ich mir, dass es nochmal ein wenig subtiler und nuancierter als eure vergangenen Arbeiten ist. Das alles aufzudröseln, gibt den HörerInnen schon einiges an Arbeit auf. Seht ihr das auch so?
Wir haben auf jeden Fall sehr viel in diese Songs gesteckt – das stimmt. Wir wollten immer, dass unsere Musik so beschaffen ist, dass man immer wieder etwas entdecken kann, egal ob das jetzt das fünfte Mal ist, dass man einen Song hört, oder das fünfzehnte Mal. Wir neigen deshalb schon sehr dazu, viele verschiedene und manchmal auch nicht so offensichtliche Ebenen in unsere Songs zu packen.

Hatte es eigentlich einen spezifischen Hintergrund, dass die erste Single – Lemon Glow – am Valentinstag veröffentlicht wurde?
Ja, hatte es durchaus. Für uns geht es in diesem Song nämlich in erster Linie darum, wie wichtig es ist Menschen in seinem Leben zu haben. Und darum, wie sehr wir andere Menschen auch wirklich brauchen, um durchs Leben zu kommen. Es war also pure Absicht.

Das Album spricht durchaus wichtige gesellschaftliche Themen an, tut das aber auf sehr intime Weise. Ist das für euch der einzig logische Weg um diese großen, oft schwierigen Dinge, anzusprechen?
Ich glaube, dass das einfach der einzige Weg ist, den wir kennen um so etwas zu machen. Der Grund warum wir eine Band haben und warum die Identität der Band eben genau diese ist, ist die Art und Weise wie wir Realität wahrnehmen und verarbeiten. Wenn jemand unsere Musik also gerne hört, dann ist es in der Regel auch so, dass diese Person unseren Realitätsfilter gerne mag oder teilt. Wenn es darum geht Gefühle zu verarbeiten, kann Musik damit zu einem wichtigen Werkzeug werden.

Das siebte Album „7“ nennen – ein geschickter Zug um Menschen zu wilden Spekulationen und Interpretationen zu verleiten?
Wir arbeiten immer innerhalb sehr abstrakter Dimensionen – egal ob es sich dabei um die Musik oder um Victorias Lyrics handelt. Es ist einfach die Art und Weise wie wir uns am liebsten ausdrücken. Für uns ist „7“ein abstrakter und konkreter Titel gleichzeitig. Er ist einfach, wir drücken damit etwas sehr konkretes aus, verraten dabei aber gleichzeitig nicht zu viel über das Album. Auf der anderen Seite ist er auch groß und sehr offen. Zusätzlich gefällt uns auch sehr gut wie die Zahl aussieht – wir haben also in dieser Zahl unsere einzige Chance gesehen, einem unserer Alben so einen Titel zu geben – wer will schon „8“ auf einem Cover stehen haben? Oder „9“?

Gibt es schon irgendwelche Konzert- oder Festivalhighlights auf die ihr euch 2018 besonders freut?
Wir freuen uns immer sehr darauf auf Tour zu gehen. Es ist schon etwas länger her, dass wir unsere Show neu konzipiert und durchdacht haben – das tun wir diesmal. Möglicherweise kommen wir sogar nach  Wien – ist aber leider noch nicht ganz sicher.

Das Album „7“ erscheint am 11. Mai via Sub Pop, alle Infos zur Tour gibt’s hier. 

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