Bier, Schweiß und Tränen

Der Erfolg im volkstümlichen Schlager verlangt Knochenarbeit und Überzeugungstäter. "Schlagerstar" gewährt einen außerordentlichen Blick auf die Selbstinszenierung und das Arbeitsleben von Marc Pircher.

Der 35-jährige Tiroler Marc Pircher ist ein disziplinierter Arbeiter im Dienste des volkstümlichen Schlagers und ein Star, der für seine CD-Umsätze regelmäßig Gold und Platin erhält. In einem ausführlichen Gespräch erklärt er, warum er für mehr Niveau in der volkstümlichen Musik kämpft, warum es immer schwieriger wird ins Fernsehen zu kommen und wann es notwendig ist, das »Prosit« zu spielen.

Warum hast du dich auf dieses Filmprojekt eingelassen?

Ich habe ja nicht gewusst, auf was ich mich da einlasse. Ich habe einfach blind vertraut und gehofft, dass etwas Gutes dabei herauskommt, wenn ich den Leuten zeigen will, dass in unserer Musik nicht nur vertrottelte Leute zugange sind, sondern dass man das auch mit Niveau machen kann. Und dass es nicht nur lockeres Geldverdienen ist, sondern dass es auch mit sehr viel harter Arbeit und sehr viel Disziplin verbunden ist.

Durch deinen Erfolg und die vielen Auftritte im Fernsehen bist du die Aufmerksamkeit von Kameras gewohnt. Was hast du den beiden Regisseuren von dir gezeigt?

Normalerweise ist die Kamera ja auf mich gerichtet, von vorne, wenn ich grinse, wenn ich lache und meine Performance mache. Ich hab irgendwann verstehen müssen, dass ich mich da jetzt nicht immer verstellen und nicht ständig diesen Fernseh-Smile aufsetzen kann. Das soll ja ein beobachtendes Über-die-Schulter-Schauen sein und da habe ich eine gewisse Zeit gebraucht um zu kapieren, dass es nicht nur darum geht, immer in die Kamera zu grinsen, sondern, dass ich diese Kamera gar nicht beachten muss. Sprich, dass ich gar nicht reinschauen muss.

Wie hast du reagiert, als du den Film zum ersten Mal gesehen hast?

Ich war schockiert. Aber nicht über den Film, sondern über mich selbst. Weil ich mich selber habe beobachten können, wie ich mich in gewissen Situationen verhalte. Das möchte ich in Zukunft bei einer nächsten ähnlichen Situation anders machen.

Inwieweit hast du die Produktion des Films selbst beeinflusst?

Überhaupt nicht. Solange ich in Gedanken klar war, dass die Kamera gerade drauf ist, konnte ich mich in dem Moment natürlich gut verhalten. Aber im Nachhinein, sprich beim Schnitt, konnte ich überhaupt nichts beeinflussen und das war ja auch part of the deal. Wir haben gesagt, ich muss ihnen da einfach vertrauen, dass sie mich nicht in ein Scheiß-Licht rücken, sondern dass sie mich in einem relativ angenehmen Licht oder halt so wie es ist sein lassen. Es ist ja nicht alles nur positiv in dem Film, es gibt ja auch schlechtere Situationen. Man hat es weder geschönt, noch hat man es dramatischer gemacht.

Du lebst ja von deinem jahrelang aufgebauten und gepflegten Image als volkstümlicher Sänger. Hattest du niemals Angst, dass dir der Film schaden könnte?

Im Gegenteil, ich hab immer die Hoffnung gehabt – und die hab ich immer noch, dass ich durch diesen Film mein Image ein bisschen aufbessern kann. Durch diesen Film lernt man viel über mich kennen und sieht, dass ich ein Arbeiter bin. Man sieht, dass mir nichts geschenkt wird, sondern dass ich da 95 Prozent einfach selber Gas geben muss, damit sich was rührt und dass sich mein Erfolgsrad einfach weiterdreht. Das ist so wie eine One-Man-Show. Ich bin es gewohnt, dass ich fast alles selber mache und ich bin da leider so. Ich kann mich wenig fallen lassen und bin immer getrieben vom Erfolg und meiner Arbeit. Ich mach halt einmal einen netten Abend mit meiner Frau und meinen Kindern, aber grundsätzlich bin ich rund um die Uhr so.

Bei deinen Songs machst du nicht alles selbst. So zeigt der Film etwa auch, wie du mit einer Songschreiberin telefonierst, die dir neue Texte liefern soll.

Das ist kein Problem für mich. Bei uns wird ja relativ wenig heruntergeladen, bei uns wird gekauft. Im Booklet steht ja sowieso drin, was ich geschrieben habe und was nicht. Wenn ein Lied für mich von jemand anders geschrieben wurde, dann steht das auch so in den Angaben. Das wäre für mich Betrug, wenn ich so etwas den Leuten als meine Umsetzung, als meine Idee verkaufen würde.

2009 wurde dir der Amadeus Award verliehen. Im Film sehen wir, wie du im Interview mit Armin Assinger von deiner Dankesrede erzählst. „Wenigstens kann ich mit meiner Musik überleben“, hast du gesagt. Wünschst du dir mehr Anerkennung?

Ich war bei dieser Amadeus-Verleihung, ich habe den Preis gewonnen. Man hat jede Sparte und jede Abteilung einfach mit Applaus belohnt, wenn der Künstler auf die Bühne gegangen ist. Bei uns wurde nicht geklatscht, bei uns wurde gebuht. Aus dem Grund hab ich mich zu dieser Aussage hinreißen lassen. Da haben genau diese Leute gebuht, die nebenbei noch andere Jobs machen müssen, weil sie eben von ihrer Musik nicht leben können. Und dann hob I gsogt, Freunde, was regts euch auf? I konn davon leben und ihr nit, so quasi. Das ist eigentlich unterm Strich eine Form von Neid.

Hier entlang zu Marc Pircher über Niveau, gutem Schlager und Bierzelt.

Bild(er) © Mobilefilm
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