Das andere Happy – Das war das Colours of Ostrava 2023

Seit über 20 Jahren begeistert das Colours of Ostrava Musik­lieb­haber*innen aus ganz Europa. Wir waren vor Ort und wissen jetzt, warum es als eines der Highlights der Festival­saison gilt.

Wie es Pressereisen so an sich haben, gibt’s immer auch ein Rahmenprogramm. So auch hier. Schließlich gibt’s in der Region noch einiges mehr zu erleben. In diesem Sinne: Was kann Ostrava abseits des Festivals?

Die Region

Die Reise nach Ostrava ergab sich für mich recht unerwartet und eher spontan. Das steigerte natürlich die nervöse Vorfreude. Also gleich mal Recherche zum Festival, weil wir von diesem in Österreich ja nicht übermäßig viel mitbekommen – irgendwie logisch, findet es doch in einer der weniger prominenten Regionen Tschechiens statt. Also … Ostrava, ist eine Stadt, die vielen wohl am ehesten aus Berichten aus der Monarchiezeit geläufig ist. Stichwort: Mährisch Ostrau. Oder eigentlich: Moravská Ostrava. Apropos Logik: Die wird dort groß geschrieben. Schließlich spielte Lasker ebendort eines seiner bedeutendsten Turniere. Wer? Emanuel Lasker, einer der besten am Schachbrett und der am längsten amtierende Weltmeister seiner Disziplin.

Satte 27 Jahre düpierte die nicht besonders aparte Erscheinung alle Anwärter. Genau in Ostrava spielte er anno 1923 eine seiner strahlendsten Serien. Aufregend, dem Ort des Geschehens, dem Hotel Royal (nun Garni), ein bisserl näherzukommen. Da schließt sich der Bogen überraschend und wir befinden uns wieder mitten im eigentlichen Thema: Denn das damalige Turnier wurde von den Witkowitzer Eisenwerken veranstaltet. Und die sind ja, wie wir mittlerweile wissen, Veranstaltungsort des Colours of Ostrava. Es trifft sich nun mal sehr vieles in dieser wunderbaren Stadt mit der frühen Schwerindustrie der K.-u.-k.-Monarchie.

© Michael Bela Kurz

Plötzlich ein Player

Dank der Bernsteinstraße gab es zwar schon im zehnten Jahrhundert zu beiden Ufern des dominanten Flusses Ostravice Burg bzw. Dorf. Die malerische Region zwischen den Hügelketten der Beskiden (bekannt durch die gleichnamige Wurst) und Sudeten punktete aber mehr im Verbund, denn als Zentrum. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts ging jedoch die Post ab. Genauer gesagt: die Steinkohle. Und damit quadrierte sich rapide die Bevölkerung samt Zuzug deutscher Zungen.

Wo Bodenschätze sind, wird Infrastruktur geschaffen und die Eisenbahn ist mit Karacho da. Die kluge Region veredelte vor Ort, Eisen brauchte die Monarchie in Mengen und schon wuchs man weiter. Nur ein paar Täler entfernt entwickelte sich mit Tatra eine legendäre Marke des aufkommenden Automobils, wovon ein sehr leiwandes Museum ausgiebig Zeugnis ablegt.

Die Region wuchs innerhalb von 60 Jahren von unter 20.000 Bewohner*innen auf 186.000 – samt aller Probleme des Culture Clashs. Ein Gutteil der repräsentativen Gebäude der Stadt trägt daher noch immer das Gesicht des damaligen Architekturstils und wirkt damit überaus vertraut. Große Kinder kamen aus dem Gebiet – oder das Leben zog sie hin: Von Freud über Mendel bis Lendl, von Alexander Sacher-Masoch über Janáček und Biolek bis hin zu Milan Baroš gibt es da reichlich Querverweise. Heute, mit knapp 300.000 Seelen, ist Ostrava übrigens drittgrößte Stadt der Tschechischen Republik und damit ein echter Player.

Tatra-Museum © Michael Bela Kurz

Transformation

Nicht zuletzt dieses Wachstum bringt die große Überschrift für das moderne Ostrava: Transformation. Die Schwerindustrie wurde weitgehend stillgelegt, die Umwelt erholt sich von der schweren Belastung. Was also machen mit den weitläufigen Anlagen? Wo geht es hin? Ein Schlüssel ist sicherlich das rege universitäre Treiben, das Jugend und Leben verspricht. Geografisch mittlerweile im Herzen der EU gelegen, ist der regionale Austausch mit den polnischen Städten Krakau und Katowice ebenso gewachsen wie jener mit Žilina in der Slowakei.

Von Wien sind es weniger als vier Stunden mit dem Zug oder Auto. Keine Hürde also, das lohnende Gebiet mal ausgiebig zu erleben. Was sich in jedem Fall auszahlt, denn auch lukullisch wird man hier bestens versorgt. Heißer Tipp für Süßmäuse sind die Štramberker Ohren. Das Honiggebäck geht zum Kaffee wie eine Eins, aber auch gefüllt mit allerlei Gutem macht es das Leben besser. Und – nicht zu vergessen, wir sprechen immerhin von Tschechien – auch in Sachen Bier gibt es in der Region keinerlei Abstriche. Der lokale Player Radegast geht gut, das wahre Extra ist jedoch der Klassiker Ostravar.

Štramberker Ohren © Michael Bela Kurz

Für alle, die jetzt auf den Geschmack gekommen sind: Das Festival Colours of Ostrava findet 2024 von 17. bis 20. Juli statt.

Offenlegung: Unsere Reise nach Ostrava erfolgte auf Einladung von Czech Tourism Österreich.

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