„Da Puber wird’s scho gwesn sein“

30 oder 40 Tags hat er vielleicht gemacht. Renato S. bekennt sich teilweise schuldig. The Gap berichtet für euch vom ersten Tag des Puber-Strafverfahrens.

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Endlich mal Puber nah sehen

Bisschen anders hatten wir ihn uns vorgestellt, den Puber. Puber, so sollte man ihn bei Gericht natürlich nicht nennen, da hat er sich versprochen, der Richter. (Und die Beteiligten gelacht). Aber für einen Typ, der andere Street Artists angeblich körperlich angeht oder ihre Pieces crosst, der scheinbar überall und alles in Wien besprüht und laut Staatsanwalt eindeutig der Graffiti-Szene zuordenbar ist, schaut er jetzt weder nach wildem Graffiti noch nach Trotz aus. Sakko, Krawatte und Föhnfrisur schützen vor Strafverfolgung, hat die Tagespresse eben herausgefunden. Zumindest einen Anzug hat der Puber an. Renato S. ist 30 Jahre alt, schaut mindestens so alt aus und sitzt eher geduckt bei Gericht.

„Kann nicht sagen, dass ich das war“

Teilweise schuldig hat er sich bekannt, und großartig was anderes blieb ihm auch nicht übrig. Einmal wurde er von einem Security auf frischer Tat ertappt, ein anderes Mal gibt es Aufnahmen einer Überwachungskamera. Die anderen Beweisfotos geht der Richter geduldig durch, aber meistens kann sich Puber nicht erinnern, oder glaubt nicht, dass er das war. Viele waren angeblich sogar schon da, bevor er aus Zürich nach Wien kam. Er selbst hat vielleicht 30 oder 40 gemacht. 111 Tags sind im Strafverfahren aufgelistet, insgesamt gibt es in Wien eher das Zigfache.

Kunst x Plage

Die Staatsanwaltschaft sieht das naturgemäß nicht so locker: eine Plage sind die Schriftzüge, und teuer zu entfernen. Sachbeschädigung im Wert von über 50.000 Euro. Jugendlichen Hochmut kann man ihm nicht zu Gute halten, immerhin ist er 30 Jahre alt und mache das seit Jahren mit System. In der Schweiz läuft auch schon ein Straferfahren gegen ihn, als Reaktion darauf ist er wohl nach Wien gekommen. Mit Wohnsitz gemeldet war er hier nie.

Der Tag war ein Szene-Hype

Nichtsdestotrotz ist die Beweislage schwach. Viel Nachweisen kann man ihm nicht, auch das grafologische Gutachten ist schwammig. Sein Verteidiger hält den Schriftzug sogar für einen Hype, der einfach eine Zeit lang gerne in der Szene gesprayt wurde. Die Argumentation wirkt etwas holprig, jemand scheint sich jedenfalls mit dem Tag identifiziert zu haben. Nicht umsonst gab es Schlagabtäusche mit einem Kindergartendirektor oder ein trotziges „Fuck Off“ an unsrer Redaktionstür für einen kritischen Artikel. Ob das bei Unschuldsvermutung und Zweifelsgrundsatz genug Rechtsgrundlage für eine Verurteilung ist, ist halt fragwürdig, wird sicher aber morgen rausstellen. Und Verurteilungen aus Mangel an Beweisen sind ja plötzlich wieder en vogue, siehe den Fall Josef S.

Ist Puber drin, wo Puber draufsteht?

Der Verteidiger jedenfalls sieht in der Handhabung der Sache eine ungerechtfertigte Beschuldigung eines schwarzen Schafs, damit man eben einen Schuldigen gefunden hat. „Da Puber wird’s scho gwesen sein! Wo Puber draufsteht, muss auch Puber drin sein!“ Man kann sich einem ein wenig chaotischen Eindruck bei der Verhandlung nicht entziehen, es scheinen auch nicht alle Schäden im Strafantrag aufgenommen worden zu sein, somit sind sie nicht Verfahrensgegenstand. Schadenshöhen wurden teilweise erst während dem Verfahren festgemacht.

Gerade wurde Renato S. schuldig gesprochen für einen Schaden von unter 2.500 Euro. Meist ist der Sachschaden nicht feststellbar. Das Urteil lautet 14 Monate Freiheitsstrafe, davon 10 bedingt. Dazu 3 Jahre Probezeit.

Er wurde für die Sachbeschädigungen bestraft, die er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verursacht hat. Für alle anderen gilt er als unschuldig.

Wir berichten hier weiterhin vom Puber-Verfahren.

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