Wien gilt als Vorreiter, wenn es darum geht, Parks, Wohnungen oder Verkehr auf männliche wie weibliche Bedürfnisse auszurichten. Das bleibt aber nicht ohne Probleme.
Stell dir einen Fußballkäfig in einem ganz normalen Wiener Park vor. Wen siehst du? Mädchen und junge Frauen, die sich treffen, um Ball zu spielen und einfach abzuhängen? Oder kleinere und größere Rudel pubertierender Burschen, die dort ihre Energie abbauen? Eine im Auftrag des Frauenbüros durchgeführte soziologische Studie ergab, dass das, was Kinder und Jugendliche auf solche öffentlichen Flächen tun können, sich vorwiegend an den Interessen männlicher Jugendlicher orientieren. Außerdem herrscht im Park bekanntlich sowieso das Gesetz des Dschungels. Demnach setzen sich die Stärkeren durch und besetzen den öffentlichen Raum. Mädchen bleiben da oft auf der Strecke.
Wien vorneweg
Keiner weiß es, aber Wien wird international oft für seine Bemühungen im Bereich der frauenfreundlichen Stadtplanung gelobt, unter anderem, weil man begonnen hat auf solche Probleme zu reagieren. Besonders gut gefällt anderen Staaten dabei eine Reihe von Studien und Projekten aus den 90ern, in denen unter anderem das Mobilitätsverhalten von Frauen erforscht wurde. Das Ergebnis? Frauen nutzen öffentliche Verkehrsmittel stärker und haben ganz andere Bewegungsmuster. Aufstehen, mit dem Kind zum Arzt, dann ein Kind in die Schule und das andere in den Kindergarten bringen, kurz noch bei der Oma reinschauen, dann in die Arbeit und am Heimweg das Ganze noch einmal, plus Einkauf. So oder so ähnlich gaben die damals befragten Frauen Auskunft über ihre täglichen Wege. Was tut die Stadt also, um diesen Frauen das Gefühl zu geben, dass Wien auch ihnen gehört?
Petra Hirschler vom Department für Raumentwicklung, Infrastruktur- und Umweltplanung der TU Wien beschäftigt sich seit Langem mit dem Thema Chancengleichheit in der Stadtplanung. Grundsätzlich sage die Raumplanung: »Wir planen ja eh für alle«. Daher sei es lange kein Thema gewesen, sich das Verhalten der Geschlechter, aber etwa auch von Bewohnern unterschiedlicher Herkunft und Religionszugehörigkeit näher anzusehen, sagt sie. Das habe sich in den 90er Jahren mit der ersten Grundlagenforschung zu diesem Thema geändert. »Entscheidungsgremien waren damals stark männlich besetzt. Man kann sagen, dass sich da in den letzten 25 Jahren in den Städten viel getan hat, aber wenn wir uns auf Bürgermeisterebene umsehen, kommen wir auch heute auf einen Frauenanteil von nur sechs Prozent. Hier besteht großer Nachholbedarf«, so Hirschler.
Beleuchtung, Barrieren und Klischees
Stichworte, die die Raumplanerin zum Thema Gender Mainstreaming in der Stadtentwicklung sofort einfallen sind Sicherheit, die Beseitigung von Angst-Räumen, etwa durch ausreichende Straßenbeleuchtung, aber auch Barrierefreiheit, breitere Gehsteige und ein schönes großes Küchenfenster. Moment – gendergerechte Stadtplanung bedeutet, der Frau ein schöneres Küchenfenster zu geben? Stereotype anyone? »Man kann die Gesellschaft nicht von heute auf morgen verändern. Manchmal dauert es 20 oder 30 Jahre, bis sich wirklich etwas verändert. Ich glaube, es ist der falsche Weg zu sagen: Bis dahin lassen wir alles, wie es ist«, sagt Hirschler. Natürlich stütze so ein Ansatz auch Stereotype, aber »auch ein Mann hat Freude an einem schönen Küchenfenster«, sagt sie.