Wien gilt als Vorreiter, wenn es darum geht, Parks, Wohnungen oder Verkehr auf männliche wie weibliche Bedürfnisse auszurichten. Das bleibt aber nicht ohne Probleme.
Dennoch scheint es oft so, als dächten Stadtplaner, wenn sie für Frauen planen, erst einmal an Mütter mit Kinderwägen. Hirschler dementiert das, obwohl Barrierefreiheit ein wichtiges Thema sei. »Verbringen Sie einmal einen Tag lang mit einem Kinderwagen oder auch mit einem Rollator in der Stadt. Dann merken Sie erst, wo man überall nicht hinkommt.« Bei der Genderplanung ginge es oft nicht um Großprojekte, sondern um Details, die den Alltag vereinfachen. Mariahilf etwa gilt gegenwärtig als Musterbezirk des Gender Mainstream in der Stadtplanung. Zwar hätte es hier durchaus auch größere Investitionen in Aufzüge und Gehsteigsabsenkungen gegeben, doch seien es kleine Dinge, die Hirschler hier beeindrucken. So sei etwa besonders früh angeschildert, wenn im weiteren Verlauf einer Straße Stiegen zu überwinden sind. Dies helfe auch der älteren Bevölkerung.
Okay, aber wie kriegt man jetzt Mädchen in die Parks? Eva Kail, die Go-to-Gender-Expertin in der Gruppe Planung, Magistratsdirektion-Stadtbaudirektion erklärt: »Als Reaktion wurden von der Stadt sechs Modellprojekte für geschlechtersensible Park- und Spielplatzgestaltung durchgeführt, vier davon mit Beteiligung und Jugendlichen.« Ein Resultat davon war der Bruno-Kreisky-Park in Margareten, der 1999 als einer der ersten »Mädchenparks« umgestaltet wurde. Dass er anders ist, sieht man auf den ersten Blick. Es fehlen die gestutzten Hecken, die man aus anderen Parks kennt, alles ist weitläufig und gut ausgeleuchtet und auch der Fußballkäfig ist weiter weg. Kail sieht in solchen Projekten eine Möglichkeit für Empowerment von Mädchen und Frauen. »Ich glaube, dass eine Stadtplanung, die die komplexen Alltagsbedürfnisse und vielfältigen Interessenslagen von Frauen und Mädchen als ein entscheidendes Kriterium für Planungsüberlegungen auf allen Maßstabsebenen der Planung begreift, mithilft, eine Stadt so zu gestalten, dass Frauen und Mädchen sich angstfrei bewegen können und viele Wohlfühlräume vorfinden, sich die Stadt aneignen können«, sagt sie.
Nicht nur Parks, auch im Wohnbau
Auch Wohnbau ist hierbei ein wichtiges Thema. Frauen-Werk-Stadt heißt das europaweit größte Beispiel für frauengerechten Wohn- und Städtebau. Das Modellprojekt auf der Donaufelder Straße in Floridsdorf wurde von vier Architektinnen gestaltet, die ihren idealen Wohnbau schufen. Darin gibt es einen Kindergarten, eine Apotheke, eine praktische Ärztin. Gleich nebenan ist ein Supermarkt, die Straßenbahnhaltestelle davor, die Volksschule 200 Meter weiter. Eva Kail lobt das Projekt. Hier sei die »Stadt der kurzen Wege«, ein Lieblingsbegriff von Stadtplanern, Realität geworden. Das Ergebnis? Die Bewohnerinnen und Bewohner sind laut einer Befragung hochzufrieden mit ihrer Wohnsituation.
Apropos Wohnsiedlungen: Bezieht frauenfreundliche Stadtplanung eigentlich auch Frauen ein, die berufsbedingt ganz spezifischen Gefahren ausgesetzt sind und für die Angst-Räume eine größere Rolle spielen als für andere? Das Prostitutionsgesetz verbannt Prostituierte aus beleuchteten Wohngebieten in eher zwielichtige Gegenden. Ist ihre Sicherheit in der Stadtplanung überhaupt kein Thema? Das sei »schwierig«, sagt Eva Kail. »Hier gibt es Interessenskonflikte. Auf der einen Seite stehen die Anrainerinnen, die oft belästigt werden, oder sich davor fürchten. Es besteht auch eine erhöhte Verkehrsbelastung durch den Suchverkehr. Dem gegenüber steht das Sicherheitsbedürfnis der Prostituierten, das durch die bessere soziale Kontrolle in Wohnvierteln eher gedeckt wird. Allerdings sind sich die meisten Experten einig, dass Straßenprostitution generell die ausgesetzteste Form der Prostitution ist, die vermieden werden sollte. Dies ist nur durch ein Bündel von Maßnahmen zu erreichen«, so Kail.
Frauenfreundliche Stadtplanung heiße für sie, den vielfältigen Rollen, die Frauen und Mädchen einnehmen, auch differenziert nach Alter oder sozialen und kulturellen Hintergründen gerecht zu werden. Gender Mainstreaming in der Planung thematisiere auch bezahlte und unbezahlte „Care“-Arbeit, etwas, was von der traditionellen Planung oft ausgeblendet würde. Kail sieht die Sache aber realistisch: »Räumliche Planung kann die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern nicht beeinflussen, aber unbezahlte Arbeit ernstnehmen, und hoffentlich kommt das auch bald 50 Prozent der Männer zugute.«