»Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist noch nicht einmal vergangen.« (William Faulkner)
»We’re too slow for this fast generation.« (TV Buddhas)
Zeit ist relativ. Und manchmal ist sie relativ schwach. Zurzeit bin ich etwas schwach und das liegt am Herbst (oder ist das eigentlich schon der Winter?). Ich hab einen Freund der sagt, Internet, Computer und Casting Shows haben die Musik so endgültig kaputt gemacht, dass er sich weigert Musik zu hören, die nach 1995 produziert wurde. Durch das Internet ist alles beliebig und alles gleich, weil alles jederzeit verfügbar ist und man, egal wo man sucht, alles angepriesen bekommt, und das kann ja nicht stimmen, denn es kann nicht alles gut sein. Computer machen das Musikmachen für jeden leicht und bei jedem hört es sich professionell an und weil alle die gleiche Software benutzen, hört sich alles gleich an und gleich seelenlos. Und, nun ja, Casting-Shows brauchen wir nicht zu erwähnen, denn da geht es gar nicht um Musik, sondern ums Performen. An all den Punkten ist was dran. Aber er macht ja auch Ausnahmen, für Grinderman zum Beispiel. Wenigstens hat er aber ein Ziel oder zumindest ein Prinzip und das gibt ihm eine Stütze und Lebensrichtlinien und er kann endlich seine Plattensammlung ausmisten und hat dann wieder Platz für Neues. Bis in den Frühling will er damit fertig sein.
Wenn ihr eure Plattensammlung verbessern wollt, kann ich euch nur folgenden Tipp geben: Schmeißt schlechte Platten raus! Das ist die effizienteste und befriedigendste Art, das zu tun. Besser als neue, gute Platten zu kaufen. Macht aber nicht den Fehler, die aussortierten Platten noch mal durchzuhören bevor ihr sie weggebt, denn das bedeutet, dass ihr zwei Wochen lang nur mittelmäßige bis schlechte Musik hört (nach euren eigenen Maßstäben) und das hat einen wirklich negativen Einfluss auf euren Musikgeschmack. Da könnt ihr gleich Radio hören. Schließlich ist es nicht die Quantität, die die Güte einer Plattensammlung ausmacht. In der »Cosby Show« war mal eine Szene, in der Bill Cosby auf eine Kiste mit Schallplatten zeigte und voller Stolz sagte, dies sei die erlesenste Jazz-Plattensammlung in der ganzen Stadt. Was haben wir gelacht! Nur eine Kiste! Aber wer weiß, vielleicht war sie voll mit »Bitches Brew«, »Cantaloupe Island« und »Mercy Mercy Mercy«? Und dann würde es schon wieder stimmen.
Soll man sich an Unterhaltungs-Fiktion überhaupt ein Beispiel fürs echte Leben nehmen? Das fragen mich die Leute, nicht ständig, aber so oft, dass es mir auffällt und ich kann nicht wirklich eine Antwort darauf geben, außer vielleicht dieser: Solltet ihr euch jemals bei dem Gedanken erwischen, dass sich euer Leben immer mehr wie eine Geschichte von Haruki Murakami anfühlt, dann haut ab, verschwindet aus der Stadt, aus dem Land. Das ist zwar auch exakt das, was die Figuren in Murakamis Büchern machen, aber es ist auch die einzige Möglichkeit, aus der maledeiten Geschichte rauszukommen. Das klingt zwar wieder wie ein Handlungsstrang von Jonathan Carroll (der Held fährt solange mit dem Auto, bis er aus der Geschichte heraußen ist und im wirklichen Leben ankommt), aber was soll’s, an manchen Irrationalitäten des Lebens kommt man einfach nicht vorbei. Sonst endet man wie Bret Easton Ellis. Und dafür ist der Herbst (oder der Winter?) die falsche Jahreszeit.