Standards in Kulturpessimismus

Betretenes Schweigen verboten. Im Sauwald hirscht Ruhe und Ordnung. Alleinsein ist die beste Medizin gegen Einsamkeit. Auf der Saualm gibt’s keine Hündin. Es reicht.

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Und dann war zu Weihnachten schon wieder einmal Sylvester und ich mag Silvester nicht. Wegen dem Rumgeknalle, dem verordneten Saufen und wegen der ganz allgemeinen Sinnlosigkeit des ganzen Tages vor und des ganzen Tages nach Silvester (inklusive Neujahrskonzert). Aber dann war es auch schon wieder vorbei und es sind zumindest ein paar Dinge geblieben, die die diesjährige Silvesterparty bei Freunden denkwürdig gemacht hat. Und zwar insbesondere die eine Frau aus Niederösterreich, MBA-Kollegin der Freundin eines der zwei Gastgeber und nicht zu erfinden.

»Dass es jetzt so viele Produkte aus Heumilch gibt, finde ich richtig gut«, sagt sie, »weil seitdem ich Veganerin bin, sind mir Joghurt und Milch und Käse schon sehr abgegangen, irgendwie.« Betretenes Schweigen rundum.

»Mein Lieblingsschriftsteller ist Haruki Murakami«, sagt sie, „aber ich lese seine Bücher nur im englischen Original. Das bin ich mir als Literatin schuldig.« Betretenes Schweigen rundum.

»Ich finde Nestroy total gut«, sagt sie und meint das Indie-Dance-Projekt aus den USA, doch da kommt plötzlich Zustimmung, auch wenn ich natürlich ausschließlich an den österreichischen Klassiker-Dramaturgen dachte.

Aber was soll’s? Niemand hat jemals behauptet, das neue Jahr würde mit Sicherheit viel besser werden als das vorige – außer vielleicht Matthias Horx und Werner Faymann und ob es beide selbst glauben, ohne in ihren Think Tanks nachgefragt zu haben? Nein, die ersten paar Wochen haben schon bewiesen, dass sich einzig geändert hat, dass die Unerträglichkeit ein Ausmaß angenommen hat, dass sie endlich, nun ja, unerträglich macht. Denk mal über diesen Satz nach: Die Unerträglichkeit wird immer schlimmer! Wie denn noch schlimmer als unerträglich? Die Antwort: so schlimm, dass inzwischen alteingesessene Kabarettisten das Handtuch werfen, weil sie links und rechts von der Realität überholt werden. Selbst für diese kleine Kolumne wird es immer schwieriger, Themen und Aussagen zu finden, die noch satirisch sind, nicht real aber auch nicht menschenverachtend und oberflächlich. Wenn ihr also Vorschläge habt, dann schickt sie bitte. Danke.

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"let the train blow the whistle when I go"

(Johnny Cash, 1932-2003 – R.I.P.)

»Es ist wahr, dass uns der Tod nahe ist und dass das ganze Treiben hier Torheit ist. Ich muss Dir aufrichtig sagen: Ich lege ja auf meine Pläne und auf meine Arbeit einen hohen Wert, aber wenn man’s ernsthaft überlegt, so ist doch diese unsere ganze Menschenwelt nur so eine Art Schimmelüberzug, der sich auf einem kleinwinzigen Planeten gebildet hat. Und da bilden wir uns ein, es könne bei uns etwas Großes geben, große Pläne, große Taten! All das sind nur Sandkörnchen.«

»Brüderchen, diese Erkenntnis ist so alt wie die Welt.« (Leo Tolstoi)

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