Sex in the City

Was für eine aufwendige Show. Ballons, ein goldenes Auto, ein damönischer Riesenhund und eine gutgelaunte Miley Cyrus in der Wiener Stadthalle. Fotograf Matthias Hombauer hat mit der Kamera drauf gehalten, Stefan Niederwieser war auch dort.

Es war ein bisschen sehr laut ganz am Anfang, als Miley Cyrus über ihre eigene, riesige Zunge in die Stadthalle rutschte. Die Lautstärke kam eher aus den oberen Registern, Teens hatten die Halle besetzt, in der Tags zuvor noch Schmerz, die Finsternis und Schweine von Nine Inch Nails besungen worden waren. Hier, das Kontrastprogramm. Es war bunt, wirklich bunt, manchmal etwas viel auf einmal, aber nicht so ein krudes Etwas mit 26 WTF-Momenten, wie manche nach den ersten Konzerten ihrer Europatournee getan hatten. Aufblasbare Penise und Gummipuppen hatte Miley aber im Köfferchen gelassen.

Fluchen, das kann sie. Und wenn sie auf einem goldenen Spielzeugauto in einem Body aus Geldscheinen ins Zentrum des Saals fährt, und dabei Courbets "Ursprung der Welt" – manche würden sagen, ihre Muschi, die sie offenbar auch unendlich liebt – für alle sichtbar nur einen Spaltbreit Stoff entfernt ist, dann fragt man sich zwar schon irgendwie, was das mit ein paar tausend Mädchen in der Halle macht; andrerseits gibt es da dieses Internet und wir schreiben das Jahr 2014. Es gibt ganz andere, viel ärgere Bilder, die alle nur einen Klick weit entfernt sind. Miley hat es eben geschafft, zur Gallionsfigur der Pornoisierung für Mädchen und junge Frauen zu werden. Das gab es immer wieder, Madonna ist wohl die Bekannteste. Fragen ob sich Miley damit nun zum Lustobjekt, zur Bitch oder selbstbestimmten Diva macht, sind insofern nicht nur öd, man merkte in der Wiener Stadthalle auch nicht, dass hier viele zum Gaffen gekommen sind.

Also feuert Miley Cyrus Bubblegum-Pop ab, zeigt hyperdigitale Visuals mit vielen Katzen und Hunden, als hätte man aus den besten 1700 GIFs im Netz ein Filmchen gemacht, sie tanzt und kuschelt mit einer Zwergin und einer Riesin, bringt einen gewaltigen Hundedämon auf die Bühne, spuckt die ersten Reihen mit Wasser an, weil es doch so heiß ist und haut sich generell sehr gerne auf den Arsch. Es gibt sogar einige gute Songs, aber eigentlich ist das natürlich Nebensache. Das Beatles-Cover "Lucy In The Sky With Diamonds" geht gut, wie auch "Jolene", Outkasts "Hey Ya" wird allerdings ganz wild vergewaltigt. Die Garderobe ist gross, wie auch der Hot Dog, auf dem sie gegen Ende einmal durch die Halle schwebt. Twerken, das muss natürlich auch sein.

Miley war nicht der erste und wird auch nicht der letzte Teen-Star sein, der irgendwann entdeckt, dass da was zwischen den Beinen juckt. Wenn One Direction plötzlich so eine Show ablassen, würden sich natürlich alle wundern – mit Sexspielzeug auf der Bühne rumfuchteln ging für Männer vielleicht noch bei Frank Zappa oder generell im Cock Rock. Es wird auch höchste Zeit, dass der große Zeigefinger am Geschlecht endlich normal wird. Dann könnte man sich auch über andere Dinge unterhalten, das seltsame Juhu-Amerika-Finale, die leicht uninspirierten Tanzeinlagen oder einen der Songs des letzten Jahres, die mächtige Abrissbirne von Miley.

Fotograf Matthias Hombauer hat letztens ein Buch "How To Become A Rockstar Photographer" heraus gegeben. Das empfehlen wir: www.thegap.at/buchstories/artikel/7-dinge-ueber-rock-fotografie-die-du-nicht-wusstest

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