»Decount«: Der Weg in die Blase

Ein online frei zugängliches Spiel macht Radikalisierungsprozesse nachvollziehbar.

Parallel zur leidigen Killerspiel-Debatte waren die 2000er auch von einer positiven Überschätzung des immer noch neuen Mediums Videospiel geprägt: Wenn die Kids jetzt doch alle so gerne spielen – so das Wunschdenken – müssen doch nur Lerninhalte in Videospiele verpackt werden und Bildung passiert wie von selbst. Das war natürlich ebenso wenig zutreffend wie die Erzählung vom unvermeidbaren Pfad von »Counter Strike« zum Amoklauf. Aber ganz so wie Spiele zu problematischen Weltbildern beitragen können, können sie auch aufrütteln, neue Perspektiven vermitteln und zum Nachdenken anregen. Und auf diesen Effekt setzt »Decount – das Spiel« das auf der Seite extremismus.info kostenlos gespielt werden kann.

Im einfachen, von zwei Illustratoren bebilderten Browser-Spiel können in kurzen Episoden die Geschichten von vier Jugendlichen miterlebt und durch Entscheidungen beeinflusst werden. Wie gehen sie um, mit Einsamkeit und Ausgrenzung? Wo setzen radikale Gruppierungen an, um junge Menschen für ihre Sache zu gewinnen? Und wie verlaufen typische Annäherungen an jihadistische und rechtsextremistische Gruppen?

Hinter dem Spiel steht ein von der europäischen Kommission gefördertes Projekt, in das Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zwei Jahre lang vielfältiges Fachwissen eingebracht haben – von Kriminalsoziologie über Praxiserfahrungen aus der Deradikalisierungsarbeit bis hin zu Game-Design. So ist es gelungen, glaubwürdige Geschichten in zugängliche und kurzweilige Spiel-Episoden zu verpacken und Radikalisierungsprozesse nachfühlbar zu machen.

Neben dem Spiel ist im Zuge des Projektes auch ein Video entstanden, das berührend vor Augen führt, was Menschen über soziale Gräben hinweg verbindet. »Das Experiment« macht diese Verbindungen sichtbar und zeigt, wie viel Mitgefühl füreinander über Vorurteile hinweg vorhanden ist.

Wie andere Medien auch transportieren Spiele im Grunde nur Informationen. Was aus der Spielerfahrung anschließend gemacht wird, liegt an den Spielenden und deren Umfeld. Mit »Decount« ist ein Spiel entstanden, das sich wunderbar eignet, um Auseinandersetzung anzuregen und Impulse für Diskussionen zu liefern – Diskussionen die dringend intensiver geführt werden müssen.

Alle Informationen zu Projekt finden sich auf https://game.extremismus.info/.

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