In der dramatischen Komödie »Victoria« stellt Virginie Efira eine ambivalente und komplexe Frau dar, die an ihrer Stärke beinahe zugrunde geht. Wir trafen die belgische Schauspielerin zum Gespräch.
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit der Regisseurin Justine Triet und den anderen Hauptdarstellern gestaltet? Kannten Sie Justine Triet und wollten Sie davor auch schon mit ihr arbeiten?
Es ist wirklich erstaunlich, dass sich unsere Wege gekreuzt haben, ich kannte Justine vorher nicht. Sie kommt ja eher aus dem experimentellen Bereich. Und ich komme vom Fernsehen. Es gibt aber erstaunlicherweise ganz viele Punkte, wo wir einander ähnlich sind. Es war wie Liebe auf den ersten Blick bei uns. Wenn man sich als Schauspielerin ganz tief in die Rolle hineinversetzen soll, dann ist es natürlich von Vorteil, wenn man sich mit der Regisseurin gut versteht. Wir konnten uns aus der Komfortzone hinausbewegen und wir haben uns dennoch wohlgefühlt.
In dem Film spielt auch ein Schimpanse eine Rolle und es heißt ja immer, es sei schwierig, mit Kindern und mit Tieren zu drehen. Wie war das beim Dreh von »Victoria«?
Mir wurde vor dem Dreh gesagt, dass der Affe aus einer großen Schauspielfamilie komme (lacht). Man muss auch wissen, dass Justine jede Szene ungefähr 25 Mal dreht. Menschen vertragen das gut, aber bei Tieren ist das nicht unbedingt so. Die Szene, in der der Affe in den Gerichtssaal kommt, bei der haben wir zwei Takes gemacht, aber dann wollte es Justine nochmals haben. Und als dann die Rufe des Affen im Film losgehen, da waren eben wirklich 200 Leute am Set, da hat der Affe dann eine Person aus dem Publikum geschnappt und vier Meter weggeworfen. Zum Glück hat sich diese Person nicht verletzt. Justine hat daraufhin dieselben Medikamente wie Victoria im Film genommen. Dann gibt es ja auch noch die Szene, wo ich neben ihm stehe und ihn quasi umarme und ich wusste vom dem Trainer, dass der Affe neunmal stärker als ein Mensch ist, aber die Intelligenz eines Zweijährigen besitzt. Das hat in mir eine so große Angst ausgelöst und war auch der Auslöser dafür, dass ich in der Szene auch so lache, weil ich einfach Scheißangst hatte. Mit den Kindern zu drehen, das war einfacher.
Im deutschsprachigen Raum sind französische Komödien sehr beliebt. Was macht Ihrer Ansicht nach den französischen Humor aus?
Ich komme ja aus Belgien und der belgische Humor ist definitiv anders als der französische. Der Humor, der in »Victoria« vermittelt wird, ist schon ein ganz anderer als der von weiteren französischen Komödien. Es war schon erstaunlich: Der Film war ja auch in Cannes und bekam tolle Kritiken, aber ich habe mir nie gedacht, dass er ein so großes Publikum erreichen wird und ich war wirklich erstaunt, als ich die Ergebnisse gesehen habe. Bekannte Komödien scheinen einen gewissen Knoten zu lösen, manche Filme funktionieren in vielen Ländern. Bei »Victoria« ist es schon so, dass dieser Film auch in Belgien etwas Besonderes wäre, zum Beispiel die Sprache und die Themen. Ich finde schon, dass »Victoria« ein sehr französischer Film ist.
Haben Sie Wunschrollen, die Sie in Zukunft gerne spielen möchten?
Da ich selbst nicht schreibe und Filme mache und ich nicht darauf warten möchte, dass mir jemand die perfekten Rollen anbietet, habe ich mich auf die Suche nach Literatur gemacht, um Rollen zu finden, die ich gerne spielen möchte. Unter anderem bin ich dabei auf ein Buch gestoßen, in dem es um die Reise einer Frau geht, deren bisheriges Leben endete, und es Brüche gibt. Dieser Film wird von Joachim Lafosse realisiert. Und dann gibt es noch einen anderen Film, wo ich die Trainerin eines männlichen Synchronschwimmteams bin. Eines noch: Das ist vielleicht widersprüchlich, aber es ist schon sehr spannend, dass ich mich in einem Drama richtig verlieren kann, wohingegen es bei einer Komödie so ist, dass es immer einen Teil von mir gibt, der im Film ist, und einen, der es nicht ist. Und das ist anstrengend.
»Victoria« ist seit 25. Mai 2017 in den österreichischen Kinos zu sehen.