Der Club mit den netten Türstehern

Ein Club, der eigentlich kein Club ist. Türsteher, die eigentlich keine Türsteher sind. Die Bookings, die eigentlich nie stattfinden würden. Wir haben uns mit Tobi vom Celeste für ein längst überfälliges Interview getroffen.

Ändert sich etwas bei euch durch die Registrierkassenpflicht?

Ja. Das Problem daran ist bei uns, dass es, soweit wir wissen, keine eindeutigen Richtlinien gibt. In Wien werden die Eintritts- und Getränkepreise definitiv steigen. Bisher sind viele Veranstalter als Kleinunternehmer aufgetreten. Das wird in Zukunft nicht mehr gehen. Dann werden die 20% plötzlich für jeden zu zahlen sein und nicht mehr nur für die, die davon leben.

Es ist eh nicht schlecht. Im Prinzip finde ich es ganz ok, wenn man Schwarzarbeit und -geld eindämmt. Wir alle wollen Kranken- und Pensionsversicherungen haben. Ich bin stark gegen Sozialabbau und ich finde, es kann jeder seinen Teil leisten. Die Frage ist, wo man damit beginnt. Viele Veranstalter, denen am Ende des Abends 30 oder 40 Euro übrig bleiben oder gar ein Minus machen, aber trotzdem diese Steuer abtreten müssen, weil sie eben nicht als Veranstalter auftreten können, werden es schwer haben. Ist halt blöd. Es bleibt letzen Endes noch weniger übrig. Die Registrierkassen werden nach Umsatz und nicht nach Gewinn gerechnet. Das ist etwas absurd. Wenn man das nach Gewinn rechnen würde, dann fände ich das ok.

Blöd für uns als kleine Unternehmer ist, dass es wieder eine große Investition ist. Wir brauchen alleine hier drei bis vier Registrierkassen. Die kosten ihr Geld. Dann zahlst du monatliche Kosten dafür. Dann kommt noch dazu, dass die Kassen unglaublichen Schmutz verursachen, weil am Boden überall diese Bons herumliegen, die noch dazu auf giftigem Papier gedruckt werden, weil die eh niemand nehmen wird.

Beat The Fish war bei euch letzten Sommer. Die Forelle arbeitet immer mehr mit Großveranstaltern zusammen. Wird da mehr kommen?

Es kommen immer wieder Anfragen von Großveranstaltern. Bei Beat The Fish war es so, dass sie einen Queer-Rapper hatten, was uns gut ins Programm gepasst hat, weil wir unseres Erachtens nach eh zu wenig Queer-Veranstaltungen haben. Das hat Sinn gemacht.

Grundsätzlich machen wir das aber ungern. Das ist das Gleiche wie mit Getränke-Sponsorings. Das machen wir einfach nicht. Es war in Wien immer ein großes Problem, dass es große Agenturen gibt, die sich irgendwo hineinfressen und das Programm bestimmen. Weil sie dann aber garantieren können, dass es bei dir besser läuft, schaffen sie eine gewisse Abhängigkeit. So einem Diktat wollen wir uns nicht unterwerfen.

Ich sehe es als großes Problem in Wien, dass wenige große Agenturen für ganz Wien vorgeben, was passiert. Das finde ich schlecht. Das ist damals auch mit Tech House und Minimal passiert, oder jetzt gerade mit Hip Hop. Der war lange weg. Und der Hip Hop, der heute in Underground Clubs gespielt wird, war früher im Volksgarten. So wird etwas cool gemacht. Diese Agenturen müssen aber Trends aufschnappen, weil sie davon leben. Das ist nichts, was für uns interessant ist. Wir wollen ja eigentlich eine Alternative zu dem bieten, was andere machen.

Wie gut laufen die Jazz-Sessions?

Sehr unterschiedlich. Die Haupt-Session ist hier im Keller am Montag, die früher Marco Eneidi zehn Jahre lang gemacht hat. Jetzt machen es der Thomas Berghammer, Didi Kern und die Susanna Gartmayer. Sehr engagierte Leute aus unterschiedlichen Ecken. Die Session ist belebter denn je. Sie ist gut besucht und hat tolle internationale Gäste. Wir hatten bisher beispielsweise Ken Vandermark oder Christoph Kurzmann hier. Es ist für junge Leute, die sich für freie Musik, Noise oder Jazz interessieren, eine tolle Möglichkeit mit wirklich tollen Leuten zu jammen.

Eine relativ neue Schiene, die mich sehr freut, ist Feathered Coyotes Teahouse aus dem Bird People Umfeld, wo es einmal im Monat hauptsächlich um akustische Drones geht. Das finde ich sehr interessant.

Was uns generell ausmacht, ist, dass wir unglaublich engagierte und mutige Veranstalter haben. Hervorzuheben wären die Duzz Down San-Leute, die Einzigen, die durchgehend seit zwei Jahren bei uns veranstalten und sich mit ihren Bookings noch steigern, obwohl sie wissen, dass am Ende nichts für sie übrig bleiben wird. Da gibt es viele. Das macht uns auch total aus.

Wie viele Leute musstet ihr in den letzten zwei Jahren rausschmeissen?

Drei oder vier. Vielleicht ein bisschen mehr. Was uns angenehm auffällt, wenn jemand einen Blödsinn macht, müssen wir nicht einschreiten. Die Umgebung wirkt so, dass gewisse Sachen nicht passieren. Man kann ja gewisse Dinge auch spüren lassen. Ich würde nie sagen, wir wollen kein FPÖ Publikum reinlassen. Das ist aber auch nicht notwendig. Es gab aber eine total schöne Situation, wo nach der Wiener Wiesen ein Typ mit Lederhose sich hier komplett verwirrt umgeschaut hat und dann sofort wieder raus ist. Der fühlt sich hier einfach nicht wohl. Oder ein Typ, der die ganze Zeit "das Boot ist, das Boot ist voll" gerufen hat. Der hat sich so unwohl gefühlt, dass der auch wieder sofort gegangen ist. Ich glaube, du kannst eine Umgebung schaffen, wo es um Respekt geht. Da erklären sich dann bestimmte Sachen von selbst.

Es gibt da eine Aktion gegen die Vergnügungssteuer.

Da sind wir dabei. Meine letzte Information ist, dass es in der Regierungsvereinbarung eine Klausel gibt, bei der es darum geht, dass gewisse Steuern auf ihre Zielgenauigkeit überprüft werden. Intern ist angeblich klar, dass die Vergnügungssteuer im besten Fall abgeschafft werden soll. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Es ist allerdings klar, dass es eine Bagatellsteuer ist. Seit dem Entfall des kleinen Glückspiels kann sich das nicht mehr rechnen. Es ist absurd wie wenig Leute davon in Wien betroffen. Es trifft hauptsächlich Leute wie uns. Es trifft wirklich Große nicht, von denen das Geld eigentlich zu holen wäre.

Mittlerweile wird schon in der Krone über Clubkultur berichtet. Es scheint gerade eine Phase zu geben, in der viele Clubs zusperren. Auf der anderen Seite sagen viele, es war noch nie so großartig in Wien fortzugehen.

Das finde ich auch. Es gab eine Zeit, die für mich toller war, weil ich jünger war und ich das alles noch nicht kannte. Als nur das kleine Fluc da war und alles unglaublich aufregend und toll war. Nachher kam eine lange Periode, in der man das Gefühl hatte, alle machen nur das Gleiche, Stichwort Tech House und Minimal. Das waren immerhin zehn Jahre. Da ist nichts passiert.

Wien war noch nie so breit aufgestellt, wie jetzt gerade. Es gibt eine wirklich große Bandbreite. Wien ist auch relativ weit vorne mit bestimmten Sachen. Parallel zu dieser Bass-Musik-Sache, bei der ich das Gefühl habe dass Wien grad wieder ein wenig festhängt, gibt es andere Sachen wie Erdbahnkreuzer, Ascending Waves oder Atlantis. Das sind Mikroszenen und es beginnt total zu florieren, wo ich früher dachte, Wien ist dafür zu klein. Oder Pomeranze, das funktioniert plötzlich. Tingel Tangel und Zirkus Maximus haben schon immer in diese Mikro-Kerbe geschlagen, aber es gibt auch sehr viel Junge, die das jetzt machen. Gleichzeitig gibt es in Wien plötzlich Techno im Werk oder in der Forelle. Auch im Flex. Der Rudy Wrany hat plötzlich eine Freitag-Schiene gemacht mit hartem Techno, das hat mich sehr überrascht.

Verfolgst du auch Drum ’n‘ Bass?

Drum ’n‘ Bass ist für mich wirklich die letzte Bastion des Provenziellen in Wien. Ich weiß nicht, warum Drum ’n‘ Bass und plötzlich auch Goa, was noch einmal mehr vom Land kommt, so populär sind. Als ich jünger war, gab es Goa in Wien nicht. Das gab es im Burgenland, in Niederösterreich, ein Wald- und Wiesen-Phänomen. Es gibt scheinbar eine gewisse Zielgruppe zwischen 14 und 22, die einfach Drum ’n‘ Bass hört. Drum ’n‘ Bass verändert sich nicht. Drum ’n‘ Bass ist ja unglaublich kommerziell. Das ist ja kein Underground-Ding. Im Fluc gibt es aber plötzlich wieder Hardcore-Parties, die das gleiche Publikum ansprechen, das finde ich lustig und interessant. Das lebt alles nebeneinander.

Bei wie vielen Veranstaltungen vom Celeste willst du selbst nicht sein?

Mir fallen nur zwei ein. Bei The Gap-Release Parties ist mir zu viel los. Und Club mit. Nur die Amira [Strv. Chefredakteurin von The Gap] darf das. Sonst darf so etwas niemand bei mir spielen.

Du bist jetzt schon zweieinhalb Jahre hier. Du wirkst manchmal so, als würden dich gewisse Sachen nerven, aber im Grunde scheinst du das sehr gern zu machen.

Ja genau. Ich habe im letzten halben Jahr gemerkt, dass ich mich zurücknehmen muss. Ich bin ein bisschen seltener da und versuche auch nicht bis sechs Uhr in der Früh zu bleiben. Allein schon mit der Luft ist das für längere Zeit schon sehr zermürbend für den Körper. Für die Zukunft arbeiten wir daran die Anlagen-Situation in den Griff zu bekommen. Dann schauen wir weiter. Aber viel werden wir nicht anders machen.

The Gap feiert kommenden Freitag, 12. Februar Release im Celeste mit Ogris Debris und Salopp. Tags zuvor findet dort Club mit statt. Das ganz Programm, von Jaz Session, Duzz Down Sun uvm. findet man hier:

i>www.celeste.co.at

Bild(er) © 1-4: Lomography, 5 & 7: Celeste, 6: Lisa Grübl
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