Der Noise-Posterboy

Wolfgang Möstl ist der Strippenzieher der Wiener Noise-Szene. Ohne ihn wäre dort in den letzten Jahren nicht viel passiert und die Welt schlechter. Er ist der Pharrell Williams des Noise-Rock.

Bitte kein Stress

Was Wolfgang Möstl anfasst, wird zu Gold. Stichwort, bei Goldsoundz ist er seit 2008 dabei. Mit »Relations« haben die Fünf im März ihre erste LP auf dem Grazer Label Kim Pop veröffentlicht. Es ist ein schön melancholisch-grungiger Gitarrensampler geworden. Für Möstl auch eher so ein Hintergrund-Ding, bei dem er aber unverkennbar die Finger im Spiel hatte. So wie bei den Projekten What A Douche, …You Gave It A Waste und Peter Nidetzky & The Spooky Kids. Die Liste ließe sich fortführen. Ein brandneues Experiment gibt es auch. Gemeinsam mit dem ehemaligen 9V Batteries-Gitarristen Mario Zangl und dem Picture Eyes-Schlagzeuger Florian Gießauf hat er Melt Downer gegründet. Eine Band, die sich an den krachenden Instrumental-Anfängen der Batts orientiert und derzeit überhaupt keine Ambitionen hegt, ein Album aufzunehmen. Das sei auch in zwei Jahren noch früh genug, sagt Möstl. Bitte kein Stress da. Immerhin geht es mit den Sex Jams ja auch bald in die heiße Studio-Phase, wenn der Mile Me Deaf-Pressetrubel wieder vorbei ist. Melt Downer bleibt derweilen ein Hobby. Das mindert seine Begeisterung diesbezüglich aber nicht. Die Augen leuchten, die Hände fuchteln wieder.
 Möstl, ein Steirer, pendelt ständig zwischen Wien und Graz. In Wien ist er Musiker, in Graz Produzent. Dort hat er sich in ein Studio eingemietet und produziert Alben befreundeter Bands, wie unlängst »Purple Lips« von The Boys You Know. Das ist nicht ganz offiziell, sichert ihm aber einen großen Teil seines Einkommens. Das Fädenziehen im Hintergrund – eine ganz unabsichtliche Parallele zu Pharrell.


Ein Engel im Hawaii-Hemd



Es ist so, als wäre Möstl nicht nur Ruhepol, sondern auch der, der alle locker macht, ihnen das Trotzige aus Gesicht und Songs spielt, der sie daran erinnert, warum sie Musik machen. Dabei braucht er gar nicht viel sagen. Während die Kollegen sich anmotzen, spielt er weiter. Das scheint eine meditative und versöhnende Wirkung zu haben. Später wird dann gemeinsam Bier getrunken, man erzählt sich von den Höhen und Tiefen des Lebens auf Tour. Während der »Stranger To A Feeling«-Tour durch Ungarn, Mazedonien und Serbien gab es zum Beispiel Autopannen, weil der Bus bis zum Dach beladen war, daraus folgend einen Aufenthalt in einem weirden Pensionisten-Ressort mit meterlangem Buffet, Shows, für die man quasi mit Cevapcici und Cola bezahlt wurde und solche, zu denen es auch mitjohlende Hardcore-Fans geschafft haben. Pogo inklusive.
 Wolfgang Möstl ist wahrscheinlich ein Engel. Wenn er da ist, ist alles gut. Wie Pharrell Williams halt, nur ein bisschen anders. Die Welt wäre jedenfalls ohne den Einen wie den Anderen ein schlechterer und gar grausamer Ort. Man will es sich nicht vorstellen. Thank God for Wolfgang Möstl.

»Holography« von Mile Me Deaf erscheint am 2. Mai via Siluh Records. Am 9. Mai findet die Release-Show im Wiener EKH gemeinsam mit Bulbul statt. Tags zuvor spielen Mile Me Deaf in Graz. »Relations« von Goldsoundz ist bereits via Kim Pop erschienen.

Die Autorin auf Twitter: i>@nicole_schoen

Bild(er) © Mile Me Deaf
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