Die Buben im Pelz

Definitiv mehr als nur ein Lausbubenstreich – David Pfister und Christian Fuchs werfen sich in ihre besten Kunstfelljacken und holen als "Buben im Pelz" den Sound von Velvet Underground nach Wien.

Wenn man Velvet Underground sagt, denkt man dabei beinahe automatisch an Dinge wie Drogen, Sadomaso-Sex, Glamour, Andy Warhols Factory und an das New York der späten 60er. Wie schaut eure persönliche Beziehung zu den Velvets aus?

Christian: Für mich ist es tatsächlich eine Schlüsselplatte in meinem Leben, eines der zentralen Alben überhaupt. Ich stehe dem Begriff „Zeitlosigkeit“ extrem skeptisch gegenüber, aber diese Platte steht nicht bloß für die dekadenten New Yorker Late Sixties. Ich habe sie zur New Wave Ära erstmals gehört und sie passte unglaublich gut zum bewusst eisigen Spirit des Postpunk. Eine gewisse Apathie und Ermüdung, die nahtlos in Coolness übergeht, inspirierte aber auch Kurt Cobain in den 90ern oder die Strokes Anfang der Nullerjahre. Die Velvets sind die ultimative Rock’n’Roll-Band, gerade weil sie auf dem Debüt ohne zentralen Frontmann, ohne Rockdrums, ohne Rockextase auskommen und mit der Avantgarde flirten.

David: Lou Reed war in seinem gesamten Werk ein Meister der Darstellung von Charakteren, Befindlichkeiten und Zuständen. Und die Abbildung des Erhabenen im Banalen beeindruckt und inspiriert mich sehr.

Stichwort Übersetzung: Die Lyrics sind ja nicht 1:1 von Lou Reed übernommen worden, die Übersetzung hat oft mehr mit Wien als mit New York zu tun.

David: Für jeden Song nahmen wir uns sehr viel Zeit. Tatsächlich nahmen die Übersetzungen bei weitem viel mehr Zeit und Kraft in Anspruch als die musikalische Umsetzung.

Christian: Wir haben einfach ganz viel ausprobiert, ohne striktes Konzept, wie schon bei der Neigungsgruppe. Jeder schnappte sich fünf Songs für sich, einen haben wir dann gemeinsam übersetzt.

Kann man das Würstel am Cover eures Albums eigentlich ebenso abziehen wie die Banane auf dem Velvet Underground Debüts? Und wenn ja, was erwartet einen dahinter?

David: Ja, auf der Vinyl-Ausgabe unseres Albums ist die Haut der Wurst abziehbar. Lass dich überraschen.

Wenn man sich eure eigenwillig eingewienerte Covers anhört und eure Musikvideos verfolgt – da bleibt man letztlich unentschlossen: augenzwinkernde Parodie oder ernstgemeinte Hommage?

David: Humor war und ist in unserer gemeinsamen Arbeit immer ein enorm wichtiger Aspekt. Aber eine Parodie ist die Platte keinesfalls, ebensowenig ist sie ironisch gemeint. Sie ist eine Verbeugung und Ehrerbietung, allerdings funktioniert so etwas nur, wenn man Dünkel und zu großen Respekt über Bord wirft.

Christian: Ja, bei dem Thema wird es sofort missverständlich. Neunmalkluge und billige Ironie ist natürlich der Feind. In dem Sinn ist es natürlich eine sehr ernstgemeinte Hommage, die aber mit unserem eigenen Witz aufgeladen ist. Und diesen Witz sehe ich eher als Waffe, um im Sperrfeuer des Leben halbwegs durchzuhalten. Und auch als künstlerisches Mittel, um ein gewisses Pathos abzufedern, dass es ja auch beim lakonischen Lou Reed nie gab.

Die „Banane“ ist eines der kollektiven Schätze der Musikgeschichte, ein Album, das viele Musiker erst dazu inspirierte, selber Musik zu machen. Wie war das bei euch selbst?

David: Am ehesten könnte ich von Platten sprechen, die ermutigend wirkten. Die Bananenplatte könnte man dazu zählen. Den Dilettantismus der frühen Einstürzende Neubauten oder die Todesverachtung von David Tibet vielleicht auch.

Christian: Lustig, dass du die Neubauten erwähnst. Die waren auch für mich der Hauptgrund, sowas wie Musiker zu werden. Ich sah sie in den 80ern, als ich auch im erwähnten Velvet-Fieber steckte, in der Wiener Arena. Wie sie die Bühne abfackelten und Blixa Bargeld dazu einen Akkord auf einen kaputten Gitarre drosch. Am nächsten Tag kaufte ich mir eine schrottreife Gitarre und der ganze Wahnsinn ging los.

Bild(er) © 1: Pamela Russmann
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