"Elektro Moskva" ist eine Doku über russische und sowjetische Synthesizer, vor allem aber die Menschen dahinter und ihren Erfindungsgeist. Am 26. März in Wien zu sehen.
"A synthesizer is something western and alien, an instrument with expanded abilities", schildert Alexey Borisov, Mitbegründer der russischen New Wave-Band Notchnoi Prospekt in "Elektro Moskva". Der Dokumentarfilm handelt von sowjetischer Synthesizer-Musik, von elektronischer Pionierarbeit, und deren Geschichte seit der Oktoberrevolution bis heute.
Skurrile Instrumente und Gerätschaften dienen dabei als Vehikel, um über ein Land und dessen Menschen auf essayistische Weise zu erzählen. Musiker, Wissenschaftler und geniale Erfinder berichten in einem Sammelsurium aus persönlichen Eindrücken von politischen Maßnahmen und utopischer Hoffnung, von Sehnsüchten, Wünschen und realen Zuständen eines (post-)kommunistischen Russlands.
Propagandafilm, 8mm-Aufnahmen, Archivmaterial, dazwischen hautnahe Porträts. Menschen wie Lev Sergejewitsch Termen, Erfinder des bekannten Theremin und Edison der Sowjetunion, erzählen davon, wie schwierig es war, abseits von Flugdrohnen und Abhörgeräten als Ingenieur zu arbeiten, wie KGB-Agenten Vocoder-Geräte aus Fabriken schmuggelten, um damit Synths zu bauen und wie technische Leistungen stets mit militärischen Interessen verknüpft waren.
Strom bändigen, Lösungen finden
Aleksey Iljinikh, Typ wodkatrinkender Mann des Volkes, hält die Story von "Elektro Moskva" zusammen. Man begleitet den Instrumentenhändler auf russische Flohmärkte, verlassene Dachböden und zu Treffen mit Hochzeitsmusikern aus der Provinz, wo Deals über sonderbare Keyboards und Synthesizer, die wie militärische Waffen aussehen, abgeschlossen werden. Auf berührende Weise sieht der Betrachter, wie real die Kluft zwischen Ost und West eigentlich noch ist, wie Not erfinderisch macht und was alltägliche Illusionen und Träume wirklich bedeuten.
Dabei spart man sich die Perspektive, Mitleid oder Trauer für die Protagonisten aufkommen zu lassen, sondern vermittelt ein Bild der Bewunderung und des Respekts für so viel Leidenschaft. Denn genau diese Misslichkeit ist das eigentlich Großartige an diesem Film. Wie meisterhaft versucht wird, Instrumente aus maroden Haushaltsgeräten zu bauen, mit wie viel Erfindergeist man auf russische Weise versucht, Strom zu bändigen und sein eigenes Ding zu machen, abseits westlicher Vorbilder.
"Elektro Moskva" ist kein üblicher Musikfilm. Es ist eine Hommage an den menschlichen Geist, eine intelligente Dokumentation darüber, was Musik für Menschen bedeuten kann und wie schön Scheitern und die Suche nach Lösungen doch eigentlich ist.
Präsentiert von The Gap ist "Elektro Moskva" am 26. März im Filmcasino Wien zu sehen. Im Anschluss an die Vorführung moderiert Heinrich Deisl ein Publikumsgespräch mit dem Regie-Duo Elena Tikhonova und Dominik Spritzendorfer, die danach im Transporter auflegen (DJ: Dominik Spritzendorfer) und projizieren (VJ: Elena Tikhonova) werden (Eintritt frei).