»Wien ist die lebenswerteste Stadt«, sagen sie. »Stimmt gar nicht«, sagt Gran Bankrott und offeriert einen kühlen Soundtrack für das Präkariat.
Das Zugeben ist der Todfeind jeder Hybris. Das Eingestehen, dass man gescheitert ist. Das Bankrottanmelden. Das macht niemand gerne. Wobei, eigentlich kennt Florian Tremmel, vielleicht die zentrale Figur im österreichischen DIY, das Scheitern ja gar nicht, zumindest nicht in Hinblick auf das, wovon sich KünstlerInnen »wirklich« ernähren können: KritikerInnenlob. Spätestens mit »Nazzle«, der letzten der beiden Langspielplatten, war Gran unverzichtbar geworden im Kanon selbsternannter TopcheckerInnen zwischen Gürtel-Grind und Avantgarde. An diesem Ort wurde »Nazzle« nicht zu Unrecht sogar als »monolithisches Meisterwerk« geadelt.
Einer ähnlichen Bewertung steht auch dem Album »Gran Bankrott« nichts im Wege. Wenngleich natürlich die musikalischen Gesichtspunkte, auf die – versprochen! – gleich einzugehen ist, durchaus nur leicht adaptiert werden, machen die paar umgedrehten und neu angezogenen Stellschrauben einen gar dramatisch wirkenden Namenswechsel notwendig, denn: Gran Bankrott singt auf Deutsch. Im Unterschied zu vor noch ein paar Jahren ist dies aber keineswegs eine – Achtung! – Bankrotterklärung der heimischen Indie-Szene, sondern pure Notwendigkeit. Nur so lassen sich die anvisierten bedrückenden Wirklichkeiten des ach so tollen Wien in ihrer Drastik vermitteln. Wenn EinserschülerInnen des Neoliberalismus deine Stadt mit dem Etikett der »lebenswertesten« Metropole verschmieren, kannst du nur dagegen sein. Gran Bankrott präsentiert uns lieber die Tristesse der vom Turbokapitalismus ausgespuckten VerliererInnen. Auch musikalisch – versprochen ist versprochen! – bedient sich Tremmel, der »Das Album« wie gewohnt größtenteils in Eigenproduktion entstehen hat lassen, der Mittel der Trostlosigkeit, die schon die Working-Class-RomantikerInnen der britischen Stahlstädte vor 40 Jahren kannten: ein buntes Mosaik mit tollen Ideen aus New Wave, Dark Wave, Post-Punk. Hauptsache kühl, Hauptsache Assoziation: flackernde Neonröhren in verlassenen Industriebauten; Hauptsache: das Ende der Zufriedenheit. Der Meister selbst bringt es am besten auf den Schlusspunkt: »Roy Black is dead.«
»Gran Bankrott« von Gran Bankrott erscheint heute, am 14. Juni, bei Numavi Records.