DIY-Ethos, feinsinnige Arrangements und aufrichtige Nettigkeit – Catastrophe & Cure bringen alles mit, was eine gute Indie-Band ausmacht. Sänger Johannes Eder über die Jugend, die Musik und die Orientierungslosigkeit.
Man hat schon lange keine Band mehr herzlich lachen sehen auf einem Pressefoto. Kein Wunder aber, die sechs jungen Steyrer erhielten heuer den Amadeus Award von FM4. Ruckzuck steht eine Tournee ins Haus – ihr letztjähriges Debütalbum „Like Crazy Doves“ wurde ohnehin schon durchweg hoch gelobt. Und nun steht auch noch das Popfest in der Tür! Auch kein Wunder, dass die jungen noch-Studenten keine Zeit haben. Wir hätten sie fast getroffen, dann ging sich zeitlich aber doch nur ein Telefonat aus. Aber dafür nahmen sich dann alle sechs die Zeit, „die es eben dauert“ und bei einem persönlichen Treffen sei mir ein Kaffee versprochen – dass es so etwas auch noch gibt im Musikbiz … Jetzt also: euphorische Journalistin meets die netteste Band der Welt.
The Gap: Glückwunsch zum FM4 Amadeus Award und dem ziemlich fetten Tour-Sommer, den ihr vor euch habt! Wie gestresst seid ihr gerade?
Johannes Eder: Also wir sind schon gestresst – es ist nicht zu wenig. Denn die meisten von uns arbeiten im Sommer auch noch nebenbei, wir haben sehr viele Auftritte, proben unser Live-Set, arbeiten eben schon an neuen Songs und schielen also mit einem Auge schon Richtung nächstes Album. Aber alles in allem ist es ein guter Stress, ein positiver Stress. In Biologie hab ich gelernt, das nennt sich auch Eustress.
Ihr seid nicht bei einem Label – habt also viele Entscheidungen selbst zu treffen und arbeitet noch nebenbei? Was macht ihr noch und wird es zukünftig vielleicht doch notwendig werden, ein Label zu finden?
Momentan läuft es noch gut. Ohne Label können wir soweit ganz gut leben, denn wir können auch alle kreativen Entscheidungen selbst treffen.
Der Lukas, unser Gitarrist, arbeitet bei Ink Music, die auch unser Booking machen, unser Bassist ist Tontechniker. Wir anderen wohnen in Wien und studieren – unser Cellist, Sebastian, ist Master in Multimedia Art, unser Schlagzeuger, Raphael, studiert Schlagzeug sowie auch Max bald, unser Keyboarder. Ich mache Jus und Lukas, unser Gitarrist, Wirtschaftsrecht. Lukas und ich sind der Notanker, damit irgendwann mal Geld reinkommt. Es macht auch das Musizieren für uns etwas befreiter, wenn wir es nicht für die Kohle machen müssen.
Und ihr versorgt dann auch den Rest der Band, wenn es mit der Musik nicht funktionieren sollte – gibt es dafür schon Verträge?
Ja, genau, sicher! (lachen)
Aber gerade eben läuft es ja recht gut. Am Wochenende spielt ihr auf dem Popfest, am Freitag direkt vor A.G. Trio – ehemals eure Konkurrenten beim Online-Voting für den FM4 Award. Wie ist dann die Stimmung zwischen euch im Backstage-Bereich?
Das ist kein Problem. Wir haben erst am Samstag beide bei Rock im Dorf gespielt. Die anderen Mitstreiter für den Award haben sich mit uns gefreut; da war kein Neid im Spiel. Wir haben eben die treueren Fans und konnten den Preis mit nach Hause nehmen.
Denkt ihr auch schon an eine internationale Tour?
Das gehört zu unseren nächsten Zielen, aber wann und wo, werden wir noch sehen. Im Herbst sind auf jeden Fall schon die ersten Deutschlandkonzerte geplant und jedes Land, das uns haben will, bereisen wir gerne!
Wann darf man denn auf das nächste Album hoffen?
Das können wir noch nicht sagen, denn wir lassen uns natürlich die Zeit dafür, die wir eben brauchen werden. Idealerweise kommt es aber Mitte oder Ende 2014. Es gibt genug Ideen, auch schon Songs, teilweise auch nur Songfragmente. Aber die gilt es noch ganz aus zu arrangieren und die ganze Studioarbeit … Also wir arbeiten schon recht akribisch an der Musik und haben einen perfektionistischen Ansatz.
Das hört man eurem Debüt auch an – es ist sehr vielschichtig, gleichzeitig aber auch lässig. Der Song „Neighbourhood Scenes“ hat mich schon beim ersten Mal Hören geflasht – bei Minute 3:30 geht ihr plötzlich in so einen Art-Rock-Sound über – was ist das für eine Tonart, Lydisch?
Da wir eine Vorwarnung bekamen, du würdest diese Frage evtl. stellen, haben wir uns eben schon den Kopf darüber zerbrochen. (Anm. der Redaktion: Chefredaktion hat geplaudert) Eigentlich ist das einfach so passiert… Ich schreibe ja die Songs und ich habe ehrlich gesagt keine musikalische Ausbildung. Aber unseren Recherchen zu Folge – und so sagt auch unser Schlagzeuger, der da Ahnung hat – sollte es Phrygisch nach ‚g‘ sein. Aber diese Angabe ist ohne Gewähr!
Euer Debüt, „Like Crazy Doves“, habt ihr im Studio von Markus Birkle – Gitarrist von den Fantastischen Vier – in Stuttgart aufgenommen? Wie kam es dazu?
Mein Bruder hat dort bereits aufgenommen mit seiner Band The Tiller & The Tight. Reizvoll war auch, Markus Birkle hat irrsinnig viel Equipment, v.a. Vintage, quasi alle wichtigen Mikrophone und Amps original aus den 60ern und 70ern und ein großes analoges Mischpult und so Zeug. Das macht halt einfach richtig viel Spaß und man hört den Unterschied – ob etwas rein digital oder mit älteren Geräten aufgenommen ist, die mehr „Charakter“ haben. Komischerweise – als wir dort im Februar 2012 anreisten, hatte es minus acht Grad und als wir elf Tage später wieder abreisten, hatte es plus fünfzehn Grad. Ich weiß nicht, ob man das der Platte nicht auch ein wenig anhört…
Eine ganze Reihe musikalischer Vorbilder stehen auf eurer Facebook-Seite, von Radiohead über Bon Iver bis zu Pearl Jam. Ihr habt keine Angst, musikalische Schubladen auf zu machen, oder?
Unsere direkten Einflüsse können wir eigentlich gar nicht so genau benennen und ja, da wir sechs doch recht unterschiedliche Sachen hören, haben wir unsere Lieblingsbands da alle angeführt. Aber man trifft sich dann schon so bei den „Independent Helden“, wie eben Arcade Fire und Radiohead – das war unsere musikalische Sozialisierung.