Die schönste Musik auf der Welt

Beach House waren immer schon ein bisschen weirde, zurückhaltende, aber dabei ganz liebevolle Geeks. Das fünfte Kapitel ihres musikalischen Dream Pop-Abstraktions-Wahnsinns nennt sich "Depression Cherry".

Man liest überall weirdes Zeug, wie der Titel "Depression Cherry" zu interpretieren ist. Was bedeutet er wirklich? Depression? Kirschen?

Es geht um Abstraktion. Während Abstraktes in der bildenden Kunst formlos wird, ist das in der Musik anders. Je mehr in der Musik etwas abstrahiert wird, desto offener wird es, desto ehrlicher. Was wir auf dem Album und generell in unserer Musik versuchen zu tun, ist große Gefühle einzufangen. Es passiert so viel im Leben, besonders, wenn man älter wird, werden Gefühle subtiler und kleinteiliger. Als Kind war ein großartiger Tag einfach ein großartiger Tag. Wir wollen mit unserer Musik genau dieses Gefühl widerspiegeln. Das verrückte Gefühl der Existenz.

Oke, cool. Aber was ist jetzt mit Depressionen und Kirschen?

Nichts. Die beiden Wörter ergeben in sich selbst keinen Sinn, wenn sie so dastehen. Sie sollen nur eine Hülle sein. Es geht darum, was sie werden, wenn man sie nebeneinander stellt. Es gibt keine "Depression" ohne "Cherry" und keine "Cherry" ohne "Depression". Es ist eine Union der Kräfte.

Ihr habt also einfach irgendwelche Worte ausgewählt?

Wir haben Worte gewählt, deren Kombination für uns schließlich die Energie der Platte zusammengefasst hat. Wir würden unsere Alben nie nach etwas Solidem benennen oder "Songs Of Sadness" als Titel wählen. Das wäre für uns einfach nicht weit genug, nicht abstrakt genug. Damit könnte man das Gefühl unserer Musik nicht erfassen. Dazu braucht es einen Titel, der so stark abstrakt ist, dass er jegliches Gefühl handhaben kann.

Es fängt langsam an, Sinn zu machen.

Ich glaube, es gibt auch eine Sprachbarriere hier. Englisch ist sehr verspielt. Für uns steckt in dem Titel sehr viel Energie, die vielleicht in der Übersetzung verloren geht. Wörter haben ja auch bestimmte kulturelle Bedeutungen in gewissen Ländern. "Cherry" ist zum Beispiel so ein all-American-thing, es hat eine bestimmte Konnotation.

Habt ihr das bei der Titelfindung immer schon so gemacht?

Ja. Ich glaube, wir haben immer schon versucht, mit Abstraktion zu arbeiten. Victorias Lyrics bewegen sich in sehr abstrakten Gefilden. Das ist großartig. Es passiert uns so auch nicht, dass wir manchen Songs überdrüssig werden, weil die Gefühle, die den Song tragen, viel weiter gehen. Wir sind darin auch besser geworden mit der Zeit. Glaube ich zumindest. Du bist hier die Journalistin (lacht.).

Ich empfinde das Album als ruhiger, es beschränkt sich wieder mehr auf das Wesentliche. Es ist wieder flächiger und weniger reich an kleinen Spielereien.

Ich weiß nicht. Ich denke nicht, dass wir da schon einmal waren, aber das ist meine Perspektive als Bandmitglied. Jeder hört anders.

Ich kann eure Songwriting-Prozesse gerade noch nicht einschätzen. Improvisiert ihr viel und probiert herum oder folgt ihr einem straighten Plan und habt ein System?

Wir improvisieren viel im Songwriting-Prozess. Sobald die Dinge aber feststehen, versuchen wir, sie auch so zu belassen, wie sie sind. Wenn wir ein Gefühl eingefangen haben, wollen wir es auch halten.

Das merkt man bei euren Live-Shows. Es gibt keine Überraschungen.

Wir arbeiten mit diesem Layer-Denken. Alles ist schön übereinander geschichtet und wenn man eine Schicht nur ein kleines bisschen verschiebt, verschiebt sich alles und nichts klingt mehr, wie es klingen sollte. Es fällt dann alles in sich zusammen. Wenn man zu viel an einem Song ändert, dann fühlt er sich nicht mehr wie der Song an.

Beach House-Songs sind für mich fast immer ein Soundtrack zu einer Episode aus meinem Leben. Während welcher Szene sollten für dich Beach House-Songs laufen?

In einem Feld sitzend, unter den Sternen. Das ist halt für mich das Beste auf der Welt.

"Depression Cherry" von Beach House erscheint am 28. August via Sub Pop Records.

Bild(er) © Shawn Brackbill, Liz Flyntz
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