Ein bzw. zwölf Kapitel aus seiner Vergangenheit schließt Death Cab-Frontmann Ben Gibbard mit seinem Solo-Album ab. Klingt nach emotional anstrengender Song-Arbeit. Eigentlich nicht: Alles ganz einfach, meint er im Interview.
Natürlich ist auch nicht alles von Death Cab For Cutie so wunderschön melancholisch wie beispielsweise „I Will Follow You Into The Dark“. Trotzdem klingt „Former Lives“ an manchen Stellen überraschend unbeschwert. Für die Freude beim Hören bekommt man fast ein schlechtes Gewissen, wenn man von den privaten Hintergründen der Texte hört.
Hinter Ben Gibbard liegen drei Beziehungen, der Umzug von seiner Heimatstadt Seattle nach Kalifornien und abwechselnde Phasen des Trinkens und des Trockenseins. Das klingt nach emotional anstrengender Song-Arbeit, möchte man meinen. Für Ben Gibbard ging es eher um die Verarbeitung des angesammelten Materials als um die der angestauten Gefühle. Im Gespräch beruhigt er das Gewissen: der Spaß am Musikmachen steht auch für ihn im Vordergrund. Spätestens bei „Something’s Rattling (Cowpoke)“, wenn die Mariachi ins Spiel kommen, glaubt man fast, dass es über die Motivation für das erste offizielle Solo-Album tatsächlich nicht mehr zu sagen gibt als im Interview mit The Gap.
The Gap: Ben, du bist gerade auf Tour. Wie performst du deine Solo-Sachen?
Benjamin Gibbard: Genau, im Moment bin ich in Chicago. Ich stehe ganz allein auf der Bühne. Ich dachte, das wäre besser, da ich so alle möglichen Songs live spielen kann und nicht nur die auf dem Album.
Inwiefern haben die Songs nicht zu Death Cab For Cutie gepasst?
Bei jedem Death Cab-Album hatten wir eine Art Motiv, das sich durch das ganze Album gezogen hat. Es entstanden immer ein paar Songs drum herum, die nicht zum jeweiligen Thema oder zur Stimmung passten.
Wieso hast du dich gerade jetzt dafür entschieden dieses Album raus zu bringen?
Es war nicht wirklich eine bewusste Entscheidung. Es war nicht so, dass ich das Gefühl hatte, dass die Zeit dafür gekommen war. Mir war einfach danach, etwas aufzunehmen und ein Album zu machen, was kein Death Cab-Album war, und ich hatte genug Material dafür. So einfach ist das.
Einige der Songs sind relativ alt, acht Jahre…
Nicht alle sind so alt. Einer davon entstand vor acht Jahren, aber die meisten sind neuer.
In welcher Form lagen die Songs vor, als du angefangen hast wieder an den Songs zu arbeiten?
Als Tonaufnahmen. Ich mache immer Demos von den Songs, an denen ich arbeite, also auch wenn ich eine Idee wieder aufnehme und verändere.
Weißt du während des Songschreibens schon wie das Arrangement aussehen wird, welche Instrumente du benutzt?
Ich denke, meine Entscheidungen auf dem Solo-Album wären anders ausgefallen, hätte ich die Songs aufgenommen, gleich nachdem ich sie geschrieben hatte. Als ich sie alle gleichzeitig aufgenommen habe, wusste ich schon, wie ich sie haben wollte. Bei „Broken Yolk In Western Sky“ war es zum Beispiel so, dass ich mit Jay Farrar auf Tour war. Er spielte dort die Pedal Steel-Gitarre. Bei den Album-Aufnahmen wollte ich ihn dann dabei haben, weil mir dieser Sound so gut gefiel. Ich denke, als der Song entstanden ist, hätte ich mich nicht für dieses Instrument entschieden.
Wie war es für dich persönlich an den älteren Songs zu arbeiten – sozusagen in der Vergangenheit zu wühlen?
Es ist einige Zeit vergangen, seit ich manche dieser Songs geschrieben habe. Ich konnte sie erneuern, umschreiben und Sachen weglassen, über die ich inzwischen anders dachte. Obwohl die ursprünglichen Ideen also nicht aus den letzten sechs Monaten stammen, habe ich sie durch das Umschreiben sozusagen ins Heute geholt. Emotional war das kein schwieriger Prozess für mich. Der war für mich schon abgeschlossen und ich habe damit bei den Aufnahmen keine Zeit mehr verbracht.
"Former Lives" von Ben Gibbard ist bereits via City Slang erschienen.