Die Uschi Obermeier unter den DJs

"Es ist wie sonst überall – Beziehungen und dann einen guten Job machen." Anette O weiß, dass sie als Frau im DJ-Karussell in der Minderheit ist, sieht aber sonst einige Fragen zur Gleichberechtigung hinter den Plattentellern entspannt.

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Anette Waldorf aka Anette O ist jung und offen für alles was das Leben zu bieten hat. 1983 in Vöcklabruck geboren und aufgewachsen, zog es sie mit 21 Jahren nach London um ein Jahr dort zu leben und Schauspiel zu studieren. Danach kam sie nach Wien und vor vier Jahren verschlug es sie nach Berlin. Grund war – wie sie selbst sagt – ihr schauspielerischer Misserfolg und der Wunsch sich auf TV-/Filmschauspiel zu spezialisieren. Musik war nebenbei auch noch immer so eine zweite Herzblutsache. In Wien traf sie Frieda, die diese Liebe teilt.

Wie habt ihr euch kennengelernt und wie entstand euer DJ-Kollektiv Kommune 22?

Kennengelernt haben wir uns damals ganz klassisch über Myspace. Das Witzige dabei war, dass das über einen jungen Mann ging, der wohl mit mehreren Mädels, einschließlich uns, zur gleichen Zeit "verkehrte", da fand Frieda mein Myspace-Profil auf seiner Seite und mochte meine Fotos, daraufhin hat sie mich angeschrieben. Wir haben uns getroffen und waren sofort ein Herz und eine Seele und haben schnell festgestellt, dass wir speziell musikalisch die gleichen Vorlieben haben. Nach ein paar Monaten sind wir dann zusammengezogen. Und da wir beide die 60er Jahre lieben – und Uschi Obermaier unsere Ikone ist – haben wir unsere 2er-WG spaßhalber die Kommune 22 genannt, da wir an Tür 22 gewohnt haben.

Damals gingen wir jeden Mittwoch ins Flex zu London Calling und tanzten uns die Seele aus dem Leib, dort lief genau die Mucke – hauptsächlich Indie Rock –, die wir über alles liebten. Ein Kumpel von uns legte da regelmäßig auf und eines Tages dachten wir, "eigentlich können wir das auch"…

Da wir Matt Modny, Veranstalter von Myyy Bitch Club, persönlich kannten und dieser damals noch auf dem Badeschiff immer einen Indie-Floor hatte, haben wir ihn einfach gefragt, ob wir auflegen könnten, und zack stand der erste DJ-Gig der Kommune 22! Wir haben uns wochenlang vorbereitet, tausende CDs durchgehört und beschriftet und hatten null Ahnung wie das mit der Anlage funktioniert, aber wir waren guter Dinge und sehr selbstbewusst, und unter dem Motto "Scheiss aufn Übergang!" lief auch alles wie geschmiert. Keiner hat bemerkt dass es unser erstes Mal war.

Wie gestaltet sich euer Leben neben der Auflegerei? Lebt ihr ausschließlich davon, was macht ihr sonst?

Wir sind beide im Verkauf in der Bekleidungsindustrie tätig. Frieda ist außerdem manchmal als Model tätig und ich habe immer noch die Schauspielerei, in der ich versuche mich zu verwirklichen.

Bisher habt ihr eher nur aufgelegt. Habt ihr auch anderes geplant?

Nein, wir machen nicht selber Musik, wir legen immer nur Musik von anderen auf. Wir sind DJs geworden weil wir Künstlerinnen und Künstler unterstützen und die Welt auf supertolle Songs aufmerksam machen wollen. Und natürlich wollen wir gute Laune verbreiten.

Euer öffentliches Auftreten scheint recht frei Schnauze, offenherzig und verspielt. Wie würdet ihr euer Image beschreiben?

Sex Sells! Und wir sind eine der wenigen DJs die selbst hinterm DJ-Pult oder mal eben über die Tanzfläche tanzen.

Denkst du das Optik und Image für weibliche DJs wesentlicher ist als für männliche Kollegen?

Ja, ich denke bei männlichen DJs ist es ziemlich egal was sie anziehen oder wie sie aussehen. Wir, als Frauen haben natürlich ‘ne Menge Spass daran, uns für die Gigs hübsch zu machen und auch etwas zu übertreiben, wir sehen das mehr als künstlerischen Act.

Habt ihr als Frauen hinter den Turntables schon Vor- bzw. Nachteile erlebt? Wie reagieren die Leute auf euch?

Ich hatte noch nie das Gefühl dass uns einer wegen unseres Aussehens bucht, nicht in der DJ-Branche! Es ist wie sonst überall – du brauchst Beziehungen und dann musst du einen guten Job machen. Es ist halt so, dass es nicht so viele weibliche DJs gibt wie männliche, was uns zu etwas Besonderen macht. Und wenn du dann auch noch außergewöhnlich aussiehst, umso besser.

Ist es euch wichtig eine gewisse Emanzipation zu kommunizieren? Wie haltet ihr es z.B. mit Selbstbeschreibungen à la female DJ oder DJane?

Nein, das ist uns eigentlich ziemlich egal. Wir finden es immer toll wenn Mädels auflegen!

Wie schätzt du die österreichische Szene bzgl. weiblicher DJs ein?

Ich denke Mädels können das genau so gut wie Jungs, sie trauen sich nur nicht, das ist das Problem. Und das ist überall so, nicht nur in Österreich!

Wie sieht die Zukunft zumindest in deinem Kopf aus? Willst du immer auflegen oder kommt dann doch irgendwann die Familienplanung und das Haus im Vorort?

In meinem Fall möchte ich das Auflegen keinesfalls aufgeben, es ist quasi ein Hobby, das ich zum Beruf gemacht habe, ich bin aus Interesse immer up to date in der Musikszene, und nicht weil ich DJ bin. Und ich denke, auch wenn man Kind und Haus hat, kann man sehr wohl noch DJ sein.

Mehr Infos:

www.facebook.com/kommune22

i>www.facebook.com/anita.waldorf.aka.anette.o

Weitere Interviews mit Clara Moto, DJ Ravissa, Rosa Reitsamer, Anette O und p.K.one zu Thema "Geschlechtergefälle hinter den Reglern elektronsicher Musik" gibt es hier: i>www.thegap.at/clubkultur

Bild(er) © Maren Michaelis
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