Eminem war Anfang des 21. Jahrhunderts einer der populärsten Rapper. Sein neues Album, „Marshall Mathers LP 2“, soll seine alte Form revitalisieren. Aber 2013 funktioniert vieles anders. Fünf Gründe, warum Eminem heute nicht mehr so interessant ist, wie damals, und vor allem warum.
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Eminem schockt nicht mehr wie damals.
Damals war das alles noch ein wenig spannender. Eminem sagt Schwuchtel, Eminem hat lustige, beleidigende Videos. Eminem wird von Eltern und Lehrern verpönt. Mittlerweile ist das aber nicht mehr so aufregend. Tyler The Creator und andere Konsorten der mittlerweile absurd vielfältigen Rapszene brechen täglich mit Klischees. Befremdlich wirkt das vor allem, weil Eminem versucht, krampfhaft an alte Größen anzuschließen. Und mittlerweile ziehen seine Witze nicht mehr. „MMLP2“ ist wie Eminem früher, nur weniger aufregend. (Kollegen wie Hopsin kopieren frühe Eminem-Songs übrigens ziemlich gut. Und klingen auch besser dabei).
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Seine Beats sind langweilig.
Eminem ist offensichtlich ein guter Rapper. Technisch makellos. Teil seines Charmes waren aber immer auch seine Beats. Auf jeden Fall war die musikalische Begleitung von Marshall immer ein Markenzeichen. Mit der Zeit kam das schleichende Gefühl, der Mann versucht sich selbst zu kopieren. Leider hat diese Entwicklung jetzt eine Spitze erreicht: auf „MMLP2“ finden sich peinliche 80s-Hip Hop Kopien wie „Berzerk“. Allgemein könnte die Hälfte der Musik des Albums auch gut einen Platz auf einem mittelmäßigen Rock-Longplayer finden. „Survival“ hat wohl die hässlichsten Gitarren in einem Rap-Song seit Limp Bizkit. „Rhyme Or Reason“ kommt mit schleimigem Sample und weinerlichem Chorus daher. Womit wir auch beim nächsten Punkt wären.
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Eminem sollte aufhören zu singen.
Ich behaupte nicht, dass Eminem nicht singen kann. Die Töne sitzen halbwegs. Eine andere Frage ist, wie man das macht, und ob das passt. Oder angemessen ist. Früher war Eminems Gesäusel ja teilweise lustig, oder man hat gemerkt, dass er es einfach aus Spaß an der Sache gemacht hat. Aber auf dem neuen Album wirkt das teilweise so, als ob er ernsthaft denkt, er wäre ein guter Sänger – durch die Intonation des guten Mannes wird das auch nicht unbedingt besser. Ich hoffe, das alles liegt an irgendwelchen Drogen.
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Eminem ist die Verkörperung von Kitsch
Man höre sich „Legacy“ an. Der Piano-Loop ist so unglaublich schmalzig. Der Vocal-Effect, auf dem sich Em anhört, als würde er aus einem kleinen Radio singen, ist so abgenutzt wie sein Image. Er hat sicher ein großes Gespür, was für einen Song wichtig ist. Aber in solchen Momenten stellt sich die Frage, wie man sowas 2013 verkaufen will, und sich gleichzeitig einen „Rap God“ nennt. Aber gut, so ist das Game. Für 12-16-jährige Hörer, die seit 2003 keinen Rap mehr gehört haben, ist er das wohl auch.
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Seine Texte.
Eminem ist ein guter Texter. Das wissen wir. Das hat er oft genug bewiesen. Oft wirken seine Vergleiche, seine Art, Dinge zu erzählen aber eher, als wäre er nie älter als 13 geworden („Imma be the pain in your anus“, „Mom, you’re still beautiful to me, cause you’re my Mom“, „My life would be so much better, if you would just drop dead“). Es ist absurd, jemandem vorzuschreiben, wie er seine Raps schreiben soll. Aber bei Eminem wirkt es oft so, als ob sich einfach niemand im Studio getraut hätte, etwas zu sagen. Er ist noch immer manchmal berührend, aggressiv, überzeugend, gewitzt. Aber diese Momente muss man suchen, in einem Heuhaufen aus zähem Textschleim.
Eminem hat mich enttäuscht. Das Cover von „Marshall Mathers LP2“ ist düster, und suggeriert eine persönliche Reise in das dunkle Seelenleben des Rappers. Eigentlich ist es aber ein kurzer, angepasster, uninspirierter, etwas langweiliger Trip durch die verschiedenen Gedanken, die Eminem 2013 zu Gott und der Welt hat. Kurz gesagt: zu melodisch, zu angestrengt, zu kommerziell ist das alles, um irgendwie länger als fünf Minuten interessant zu sein.
Da kann der Mann ja auch teilweise nichts dafür. Er macht halt, was er machen will. Das sei ihm auch vergönnt. Neben Genre-Größen wie Kendrick Lamar, Drake oder auch eher rebellischen Vertretern wie Riff Raff oder Earl Sweatshirt sieht Eminem eher aus wie ein altgewordener Rap-Veteran, der nicht mehr so wirklich mithalten kann. Vielleicht will er das auch gar nicht. Ein Gott des Raps ist er aber schon lange nicht mehr.
"Marshall Mathers LP2" von Eminem ist soeben erschienen.