Dev Hynes behält sein bisher überzeugendstes Alias Blood Orange für ein weiteres Album. Neben 80er-Glam, Soul und Hip-Hop brilliert er vor allem damit, den Dub für sich zu entdecken.
Jeder Pop-Inszenierung ihr eigenes Alter-Ego: Mit den Test Icicles hält Devonté Hynes Mitte der Nuller Jahre Dance-Punk warm. Ab 2006 beschreitet er als Lightspeed Champion und mit Pelzmütze folkige Pfade. Klar, dass damals seine „Never Meant To Hurt You“-Version geiler klang als das Original von den Good Shoes. Auch klar, dass nach zwei Alben wieder Schluss war, denn sein überzeugendstes Projekt war noch ungeboren: Blood Orange.
Nach einer Stimmoperation, dem Umzug nach New York und Arbeiten für Solange, Cassie oder Florence and the Machine hat sich sein Blick auf Pop verändert. Und seine Möglichkeiten: Falsettgesang à la Prince geht jetzt. Diese Androgynität wird Teil seiner neuen Marke und sein Debüt "Coastal Grooves" eine Hommage an das New York der 80er Jahre, an von Rouge glühende Drag-Queen-Wangen, im Neonlicht schimmernde Pelzmäntel, japanischen Synth-Kitsch und Surf-Gitarren. Hynes befasst sich mit der Schwulen,- und Trans-Szene in den 80ern, mit Prostitution und die Situation der Schwarzen innerhalb dieser Communitys. Das Album versprühte eine gewisse Hochglanzerotik und Leichtigkeit, befasste sich inhaltlich aber mit der Flucht aus dem eigenen Körper. So singt Hynes „I feel unique, not complete“ und in der gelungenen Single „Sutphin Boulevard“ dann „see you in the may, when I’m a boy“ – fast so als wüsste er, dass eine weitere Metamorphose bevorsteht.
Im Falle seines zweiten Albums „Cupid Deluxe“ ist es die Entdeckung des Dub, den er mit R’n’B, Afrobeat und immer noch einem 80er Vokuhila-Glam-Musical paart. Rythmische Patterns haben den Sound wachsen lassen, er ist nicht mehr so ortsgebunden. Es zieht einen auch einmal an den Strand oder wie in der Single „Chamakay“ zu Hynes Wurzeln nach Georgetown. Im Video sieht man ihn mit seinen Verwandten durch die Straßen tanzen. Das erinnert stark an seine Solange Produktion „Losing You“, in „Uncle Ace“ auch unverkennbar an die Sinkane- Single „Runnin“. In „It Is What It Is“ erklingt ein Xylophonthema, auf Plattenlänge schrauben mal organische Rhythmuspatterns, mal Hip-Hop Beats an der Struktur. Man hört sanfte Keyboardflächen, Wah-Gitarren, Slap-Bässe und Bläsersätze. Dazu gesellt sich Hynes Falsetto zu stimmigen Soul-Chören bis hartem Sprechgesang. Wenn Hynes mit seinem ersten Album den Drag-Queen Flair verkörpert hat, so ist er auf "Cupid Deluxe" eine gelungene Mixtur aus Sinkane, Prince und Frank Ocean.
Im August, kurz vor Album-Release hat Blood Orange übrigens Drakes „Hold On We’re Coming Home“ gecovert. Auch sein Remix vom Phoenix-Song "Entertainment" implodiert im Soul seines unverkennlichen Chill-Wave. Es wirkt als wüsste er, dass seine Art R’n’B zu arrangieren noch nie so gut funktioniert hat (und vielleicht auch funktionieren wird) wie heuer.
"Cupid Deluxe" von Blood Orange ist soeben erschienen.