Ein Forum kommt selten allein …

Zu Zeiten des Sparstifts in Kunst und Kultur ist die Lage prekär, jedoch war das Forum Stadtpark in Graz immer schon Kulisse großer Dramen und ein wichtiger Schnittpunkt zwischen Provokation, Avantgarde und Gesellschaft. Wohin es derzeit mit der Mission "Neuausrichtung" galloppiert, hat sich Julia Melcher etwas näher angesehen.

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Das b>Forum Stadtparkhat sich seit seiner Gründung im Jahr 1958 stetig gewandelt. Es herrschte einst an diesem Ort der rebellische Geist der Sechziger- und Siebzigerjahre; und wer von den braven Grazer Bürgerstöchtern damals heimlich unter der Bettdecke mit der Taschenlampe Wolfi Bauer las, musste sicherlich mit Enterbungsdrohungen von der Omama selig rechnen. Im Forum hausten, so sagt es die Legende, ein paar Wilde mit furchteinflößenden, verstörenden Ideen. So revolutionär und vor allem provokativ wie damals, ist die Kunst im Forum aber schon lange nicht mehr. Avantgarde war gestern und von abgehobener Elite keine Rede mehr. Nach all den Wandlungen in der Konzeption des unabhängigen, künstlerischen Mehrspartenhauses (die auch eine Öffnung nach Außen hin mit sich brachte) stellt sich nun wieder einmal die Frage: Forum, quo vadis?

Der Konflikt

Aufgrund einer Umstrukturierungsmaßnahme und Neuausrichtung wurde Ende 2010 die Geschäftsführerin Eva Martischnig, gemeinsam mit dem Pressesprecher des Hauses, Martin Erhart, ohne Vorwarnung gekündigt. Man wolle durch Einsparungen in der Administration wieder mehr Geld für die Kunst schaffen. Doch Martischnig ließ sich nicht so einfach vertreiben. Sie berief eine außerordentliche Generalversammlung unter den Mitgliedern des Vereins Forum Stadtpark ein, in der sie mit der Unterstützung von 47 Stimmen aus dem Verein, eine Neuwahl des Vorstandes forderte und sich selbst als Gegenkandidatin aufstellen ließ. Seitdem gehen die Wogen in der Grazer Kunst-und Kulturszene hoch. Es haben sich grob zwei Lager gebildet, deren Meinungen, was die Zukunft des Forum Stadtpark betrifft, aufeinander prallen.

Korrektur: Erst seither gehen die Wogen hoch? Sagen wir es einmal pragmatisch. Die Wogen überschlugen sich bisher immer wieder, nur taten sie das bisher hinter fest verschlossenen Türen, so wie das in Österreich eben Brauch ist: Geheimnisse behält man im Keller. In diesem speziellen Fall aber haben sich die Konflikte medienwirksam in der Öffentlichkeit zugetragen. Und an diesem Punkt beginnen sich die Geister schon zu scheiden. Ist es gut für das Haus, dass es wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt, oder schadet es dem Image? Man sieht sich ja schließlich als eine kleine aber feine Kulturfamilie, die gemeinsam etwas erreichen will. Nur was?

Was das Forum will

Es soll wieder ein deutliches Bekenntnis zum Experiment geschaffen werden. Gesellschaftlich relevante Randerscheinungen sollen aufgegriffen werden, man will sich wieder verstärkt gesellschaftspolitisch positionieren, Raum für Diskurs schaffen, zu einer Kommunikationsdrehscheibe werden. Die Verknüpfung unterschiedlicher Lebenswahrheiten soll in eine künstlerische Sprache übersetzt werden: interdisziplinär, transdisziplinär und im fließenden Prozess zwischen den Künstlern gedanklich vernetzt. Man will etwas zur Schaffung alternativer Lebenswelten beitragen, indem man Kunst mit politischer Diskussion verknüpft. Das sind zukunftsweisende, idealistische Konzepte und vor allem sehr schöne Worte. Der Weg dort hin steht aber noch offen. Soll er auch, laut Vertretern des Forums. Denn all dies zu sehr in ein starres oder hierarchisches Organisationssystem zu pressen, würde den Prozess am Fließen hindern und auch nicht dem Image des Hauses entsprechen. Man will auf jeden Fall etwas bewegen, aber nicht mit herkömmlichen Mitteln! Vielleicht doch wieder ein Schritt in Richtung Avantgarde?

Die andere Seite

Die gekündigte Eva Martischnig sprach wohl eine Sprache, die in diesem künstlerischen Diskurs keinen Platz hatte. Denn sie sang das Lied von Subventionsgeldern, Pressearbeit, internationalen Kooperationen und der wirtschaftlichen Organisation von Kunstbetrieben. Das sind natürlich ein paar harte Brocken Realität, die da in das Luftschloss von der freien und schönen Zukunft hinein geschmissen werden. Und natürlich bräuchte man mehr Subventionsansuchen, wenn man, so wie Martischnig das geplant hätte, internationale Kooperationen forcieren, den Raum im Forum Künstlern als Atelier zur Verfügung stellen, oder wieder mehr im eingerosteten Verlag publizieren würde. Martischnig hat die Wahl zum neuen Vorstand bei der Versammlung am Montag, dem 17.1. 2011 verloren. Der alte Vorstand, bestehend aus Carola Peschl (Vorsitz), Heidrun Primas und Karin Petrowitsch, wurde nach der demokratischen Abstimmung der Vereinsmitglieder in seinem Amt bestätigt. Martischnigs Vorhaben, die eine Öffnung des Vereins nach außen, inklusive internationaler Ausrichtung bedeutet hätten, und damit womöglich einen finanziellen Einschnitt in die Resourcen der Alteingessesenen, wurden abgelehnt. Und da wären wir auch schon beim Thema!

… und das liebe Geld!

Summa summarum geht es in diesem Streit (so wie überall) ums Geld! Und (so wie überall) bleibt auch jede und jeder gerne auf ihrem und seinem kleinen Goldtopf am Ende des Regenbogens sitzen, will nichts davon hergeben und am Besten nur das machen damit, was er oder sie alleine will. Man wirft sich gegenseitig das Wort "Selbstdarsteller" an den Kopf und behauptet jeweils von der anderen Seite, sie wolle sich nur profilieren. Die Frage ist: wo fließen denn die Subventionsgelder hin? Und wer entscheidet darüber? Das Ergebnis sollte ja schließlich auch Publikumswirksam sein und wieder bei mehr Menschen das Interesse am Forum wecken.

Also wie war das? Gemeinsam an einem Strang ziehen? Neue Ziele in der Community verwirklichen? Große Ideen umsetzen? Das macht in dieser Stadt (und auch in keiner anderen) kaum jemand aus purem Idealismus, schon gar nicht in der Kulturlandschaft, und noch dazu in einer Zeit finanzieller Kürzungen. Da baut sich jeder seine kleine Burg, von der er misstrauisch über die Burgzinnen lugt und allen mit Argwohn begegnet, die sich nähern. Wie avantgardistisch ist das eigentlich? Gut, Gradec heißt „kleine Burg“ auf Slowenisch, aber muss es denn wirklich SO klein sein? Zumindest meinte der Grazer Bürgermeister Nagl unlängst, Graz entwickle sich zur Metropole. Willkommen in der Stadt der Seifenblasen! Möge sich auch in der Realität endlich wieder etwas tun! Wir brauchen das! Dringend …

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