Zurzeit findet in Saarbrücken das traditionelle Filmfestival Max Ophüls Preis statt. Für den besten Dokumentarfilm sind gleich fünf österreichische (Ko-)Produktionen nominiert, unter ihnen „Das erste Meer“ der Wiener Filmemacherin Clara Trischler.
Dass die Situation im Nahen Osten bedrückend ist, ist unbestritten. Besonders schlimm sind die Verhältnisse aber für Kinder. Die Organisation Min el Bahar hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, zumindest traumatisierten Kindern und Jugendlichen des Westjordanlands zu helfen. Sie schafft das, indem sie den jungen Palästinensern die Möglichkeit gibt, etwas zu erleben, das zwar so nah ist, aber wegen der geschlossenen Grenze doch so fern scheint: Ein Tag am Meer. Das ist eine sehr schöne und sehr gute Sache.
Die Wienerin Clara Trischler hat aus dieser guten Sache einen sehr guten Dokumentarfilm gemacht. „Das erste Meer“ konzentriert sich dabei auf die beiden 13-jährigen Mädchen Wafaa und Raneen, die wie so viele Junge noch nie das Meer gesehen haben und doch so unterschiedliche Vorrausetzungen haben, um mit Min el Bahar an die Küste Tel Avivs zu fahren. Während sich Wafaa auf den Tag sehr freut, fährt Raneen nicht mit. Für sie und ihre Eltern ist es undenkbar, in Feindesland zu fahren, ihr Dorf ist tagtäglich mit den israelischen Soldaten und ihrem Tränengas konfrontiert. Der Gegensatz zwischen der im kühlen Nass an der Seite israelischer Badegäste planschenden Wafaa und der im Dorf protestierenden, Lieder von Unabhängigkeit singenden Raneen, ist eindrucksvoll und gleichzeitig bedrückend.
Clara Trischlers zeigt mit ungefiltertem Blick die Widersprüchlichkeiten eines Landes, das um Anerkennung kämpft und dessen Bürger im ständigen Konflikt mit verfeindeten Streitkräften leben, auf, ohne dabei auf die Hoffnung und das Glänzen, das der Ausflug an die Küste den Kindern und Jugendlichen in die Augen zaubert, zu vergessen. Völlig zurecht wurde „Das erste Meer“ nun in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ beim Filmfestival Max Ophüls Preis, das aktuell in seiner 35. Ausgabe in Saarbrücken stattfindet, nominiert. Clara Trischlers Dokumentation ist einer von fünf österreichischen (Ko-)Produktionen im Rennen der 13 Nominierten für den wohl wichtigsten Preis für junges deutschsprachiges Kino.
Wir haben der jungen Regisseurin ein paar Fragen gestellt.
Wie gestalteten sich die Dreharbeiten? Musstet ihr um besonderen Schutz anfragen?
Wir haben oft zu dritt oder zu mehrt in einem kleinen Hotel in Ramallah geschlafen, auf Matratzen bei Familien in den palästinensischen Dörfern oder bei unserem Hebräischübersetzer in Tel Aviv. Wir sind mit einem Mietauto einen Monat unterwegs gewesen und haben uns großteils, was kulturelle Dinge betrifft, auf unseren Arabischübersetzer verlassen. Außerdem habe ich vorher selbst ein Jahr in Israel gelebt. Ich habe versucht rechtzeitig einen Presseausweis zu bekommen, das hat aber leider nicht geklappt, weshalb wir in den gefährlicheren Szenen schon sehr auf uns gestellt waren, auf eigene Verantwortung. Aber das war wahrscheinlich auch wichtig, sich da mitten drin zu fühlen, selber Angst zu haben.