Ein Land im Loop

Zurzeit findet in Saarbrücken das traditionelle Filmfestival Max Ophüls Preis statt. Für den besten Dokumentarfilm sind gleich fünf österreichische (Ko-)Produktionen nominiert, unter ihnen „Das erste Meer“ der Wiener Filmemacherin Clara Trischler.

Sonst war alles sehr spontan, wir wurden in den beiden Dörfern immer wieder zu Verlobungsfeiern oder Schulabschlüssen eingeladen oder waren, weil wir viel alltägliches Leben der Menschen in den palästinensischen Gebieten und in Israel drehen wollten, bei Ziegenschlachtungen, Spaziergängen zur Mauer, therapeutischen Sommerlagern für Kinder oder Dachpicknicken dabei. Ich finde das am Dokumentarfilm wahnsinnig spannend, wie sich die Dinge währenddessen entwickeln, vieles nicht absehbar ist, weder wie die Charaktere reagieren werden, noch was als nächstes passiert. So wird der Film schon im Machen immer wieder ein anderer.

Wie habt ihr euer Projekt finanziert?

Selbst. So zum Beispiel über die Stadt Wien, eine Produktionsfirma und einen Unizuschuss. Ich habe dann während der Dreharbeiten eine Produktionsfirma für den Film gefunden und die wollten Crowdfunding ausprobieren, um die Postproduktion zu finanzieren (Übersetzungen, Farbkorrektur, Tonmischung). Alles in allem finde ich Crowdfunding aber viel aufwendiger als auf jede andere Art (inklusive jobben) Geld für den Film aufzutreiben.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit deinem Bruder (FM4-Pionier Trishes, Anm.) für die Filmmusik? Lag das auf der Hand, oder musstet ihr euch voneinander überzeugen?

Als ich zum ersten Mal auf eine Filmschule gegangen bin, in Dänemark, hat mir mein Bruder auf die Reise eine Mix-CD von seiner Musik gegeben, ich hab die gleich im Zug gehört, er arbeitet schon lange auch instrumental, und fand das gleich sehr filmisch. Wir mussten schon gemeinsam am Sound basteln, natürlich. Das sind dann nicht immer ganz funktionale, pragmatische Treffen, sondern werden eher lange Geschwisterabendessen mit Neffen-ins-Bett-bringen und so. Er war dann selbst von seinen Ukulele-Kenntnissen nicht überzeugt genug und hat Eloui dazugeholt, was ich sehr schön finde. Der zweite Filmsong stammt von Christian Mrazek, einem sehr talentierten österreichischen Musiker.

Kam die Nominierung für den Max-Ophüls-Preis überraschend? Wie hoch sind deiner Meinung nach die Chancen, auch zu gewinnen?

Überraschend, ja. Ich finde es wirklich einfach schön, mal dabei zu sein, in Deutschland mit Menschen über den Film zu sprechen und mit meinem Team hier zu feiern. Ein Film ist viel Arbeit (oft viele Monate zu zweit in einem Schnittraum) und es ist großartig, eine Reaktion darauf zu bekommen.

Wie hat sich die Situation deiner Meinung nach in Israel und Palästina in den letzten Monaten – also nach dem Dreh – verändert?

Die Situation läuft seit ich sie kenne in einem Loop ab, in der alle paar Jahre, meistens um die Zeit von Wahlen herum, geballter als sonst Gewalt passiert und wieder von einem Krieg gesprochen wird. Das ist schon desillusionierend und ich habe großen Respekt vor Menschen, die es schaffen, seit 20 Jahren für Frieden zu kämpfen, ohne aufzugeben. Gleichzeitig könnte ich mich nicht so lange mit diesem Thema auseinandersetzen, wenn ich nicht irgendwie glauben würde, dass es eine Lösung geben muss.

"Das erste Meer" ist gerade für den Max Ophüls Preis nominiert. Ein regulärer Kinostart in Österreich steht noch nicht fest.

Bild(er) © Agnes Prammer / Kinomaton/Filmdelights
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