Hans Salomon ist einer der wichtigsten Musikpersönlichkeiten des Wiener-Jazz, Gründungsmitglied der "Austrian All Stars" und Komponist der "Glock’n" von Marianne Mendt. Kurz vor seinem 80. Geburtstag nehmen wir an seinem Nachmittags-Stammtisch im Kaffee Weidinger teil. Ein Tischgespräch, über den Tellerrand hinaus.
Das Orchester Johannes Fehring: li. Friedrich Gulda, der großartige Beethoven Interpret spielt mit Leidenschaft Baritonsaxophon, Erwin Böss, Karl Kowarik (H. S. wichtigster Lehrer), und Hans Salomon (© ©Privatarchiv Hans Salomon)
Die legendäre „Newport International Youth Band“, unter Marschall Brown 1958, Newport (© ©Privatarchiv Hans Salomon)
Leidenschaftliche Liebe in Brüssel (Weltausstellung EXPO 1958), H. S. in der Garderobe mit Sarah Vaughan (© © Privatarchiv Hans Salomon)
die „Austrian All Stars“, li. Hans Salomon, Karl Drewo, Dick Murphy, Joe Zawinul, Rudolf Hansen, Viktor Plasil (© ©Privatarchiv Hans Salomon)
Udo Jürgens und Hans Salomon vor Abflug für eine 14-tägige Konzerttournee nach Rumänien mit dem Orchester Johannes Fehring unter der Leitung von Willi Fantl, 1964 (© ©Privatarchiv Hans Salomon)
Die ORF Big Band unter Erich Kleinschuster. Hans Salomon war von der Gründung 1971 bis zur Auflösung 1981 ständiges Band-Mitglied und Angestellter beim ORF (© ©Privatarchiv Hans Salomon)
Hans Salomon 1952 (© ©Hans Salomon)
Hans Salomon und Viktor Gernot (© ©Privatarchiv Hans Salomon)
Hans Salomon (© ©Privatarchiv Hans Salomon)
Die Hip-Hop Formation De Wieners – Vater und Sohn (Roman Salomon als Scoop) on Stage (© ©Hans Salomon)
Zur Verleihung „Ehrenkreuz der Republik Österreich für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse“. Es gratuliert Marianne Mendt, für die Hans Salomon „Wia Glockn, die 24 Stunden läut“ geschrieben hatte (© ©Privatarchiv Hans Salomon)
Hans Salomon 1957
Aktuell (© ©Horst Hausleitner)
Du hast unter anderem bei Fatty George studiert: Dieser wurde als Student von der Akademie geworfen, weil er sich offen zum Jazz bekannte. Warum hatte Jazz damals teilweise so ein schlechtes Image?
Noch Jahre nach Hitler hallte der Ruf von Jazz als "Musik des Feindes" nach. Jazz war verpönt. Jazz war die Musik des Proletariats. Das hatte auch mit der rassistischen Einstellung der Leute zu tun: Ich erinnere mich an einen Abend im Tuxedo. Damals waren die Besucher noch nach Hautfarben getrennt, obwohl sie die gleichen Uniformen trugen. An diesem Abend ist ein "Schwarzer" mit uns aufgetreten, der wahnsinnig gut singen konnte. Nach einer Zeit kam der Clubbesitzer zur Bühne und sagte "Stop this Nigger Music". Als er von der Bühne gegangen ist, hat er geweint.
In den 60er war vor allem die Rock- und Folkmusik mit Bob Dylan, Joan Baez oder Jimi Hendrix sehr kritisch. Die Akteure des Jazz stand damals im Mittelpunkt der amerikanischen Civil Rights Movement: Wie politisch war Jazz de facto?
Einzelne Akteure waren das: Frank Sinatra hat zum Beispiel in Las Vegas – damals als Rassistenstadt bekannt – als erster "Weißer" mit Count Basie, einem afroamerikanischen Sänger gespielt und sich somit erstmals über diese musikalische Rassentrennung hinweggesetzt. Oder Buddy Rich: Ein weißer Jazz-Schlagzeuger der mit seinem Sextett eine Tournee in den Südstaaten – damals DER Hotspot für Rassismus in Amerika – abgeblasen hat, weil man ihn aufforderte ein schwarzes Bandmitglied auszutauschen. Ich habe die Afroamerikaner damals nie als anders empfunden, sondern immer bewundert und verehrt. So viele Musikströmungen – nicht nur Jazz – basieren auf deren Kultur und Tradition.
Wie war die Situation in Wien?
Auch in Wien hatten Schwarze ihren eigenen Club namens "Café Bauernfeld" (Anm. Red. heute Centimeter). Damals spielte dort regelmäßige eine richtig gute Jazz-Band. Ich erinnre mich daran, dass wir unter dem Fenster gesessen sind und ihnen zugehört haben. Reingehen durften wir ja nicht.
Bleiben wir gleich in Wien: Du hast damals unter anderem in der ORF Big-Band gespielt die es heute nicht mehr gibt. Herr Schulz, sie waren lange beim ORF: Was kann man sich darunter vorstellen?
Klaus Schulz: Das war eine wirklich gute, Alround-Big Band die teilweise missverstanden wurde: Die einen glaubten sie spielt nur Jazz, die anderen waren der Meinung es geht nur um Wiener Musik. In Wirklichkeit war es eine Band für alle Möglichkeiten, die eine Fernsehanstalt gebraucht hat.
Der ORF hatte damals noch eine Monopolstellung in Österreich. Wurden junge Künstler damals ausreichend gefördert?
Hans Salomon: Meiner Meinung nach war der musikalische Background im ORF sogar viel wichtiger als heute. Da gab es zum Beispiel eine österreichische Sendung namens „Musik zum Träumen“ wo heimische Künstler und Komponisten unterstütz wurden. Allerdings gab es damals auch engagierte Förderer wie Evamaria Kaiser!
Die Melodie zu Marianne Mendts 1970er Hit "Wie a Glock´n" hast du damals komponiert. Das Stück gilt als Initialzündung für den Austropop. Existierte da eine Kluft zwischen Jazz und dieser neuen Unterhaltungsmusik im Dialekt-Pop-Format?
Ich habe mit dem Austropop nie ein Problem gehabt und der Austropop mit mir wohl auch nicht (lacht). Die Geschichte zum Lied: Johannes Fehring war mit dem Gerhard Bronner befreundet und hat uns in sein damaliges Lokal "Die Fledermaus" in der Spiegelgasse eingeladen, weil wir uns eine neue Sängerin namens Marianne anhören sollten. Die Musik zur "Glock´n" hat schon vor dem Text existiert und war anfangs als Fernsehkabarett gedacht. An diesem Abend kam die Idee zu diesem Stück. Wenn du es so willst, wurde an diesem Abend in der Fledermaus der Austropop geboren.
Wenn man es so will hast du Marianne Mendt die Karriere geebnet….
Sie wird ja auch heute nicht umsonst "Großmutter des Austropop" genannt. Wir haben uns aber auch außerhalb der Musik ganz gut verstanden. Als wir einmal gemeinsam in St.Pölten auf der Bühne standen, sag ich zu ihr "Weißt du eigentlich wie sehr ich damals in dich verliebt war?" Darauf sie "Warum hast du mir das verschwiegen?". Dabei hatten wir bereits eine Affäre.
Du wirst im September 80 Jahre und stehst noch immer auf der Bühne. Welche Ziele setzt du dir für die nächsten Jahre?
Ich möchte weiter live spielen. Vor allem aber möchte ich von den jungen Musikern akzeptiert werden und mit neuen Musikprojekten auftreten wie mit der Hip-Hop Formation "DeWieners" von meinem Sohn. Leider bin ich körperlich nicht mehr so fit aufgrund einer Knieoperation. Aber wenn ich auf der Bühne stehe, sind die Schmerzen weg, denn Musik ist für mich wie ein Medikament.
Eine Biografie, ein Ö1 Beitrag, das Konzert am 10. September und eine Gala im Ronacher. Hast du so einen so großen Rummel um deinen Geburtstag erwartet?
Überhaupt nicht! Vor allem nicht die Gala im Ronacher! Letztens bin ich an einem dieser "A Tribute to Hans Salomon"-Plakate vorbeispaziert und hab mir gedacht: Wahnsinn, der Viktor Gernot ist in einer kleinere Schrift gedruckt wie ich!
Links von mir sitzt der Autor deiner Biografie „Jazz, Frauen und wieder Jazz“. Haben die Frauen dich inspiriert oder kamen die Frauen wegen deiner Inspiration?
Das war immer unterschiedlich, denn ich hatte in meinem Leben sehr viele Frauen. Eine kann ich allerdings bis heute nicht vergessen: Ich lernte Sarah Vaughan damals auf einer Pressekonferenz in Brüssel kennen – ich war 25, sie 34. Ich war überwältigt von ihrem Aussehen. Am Abend haben wir uns in ihrer Garderobe geküsst. Sarah Vaughan war damals bereits weltberührmt und ich war großer Fan ihrer Stimme. Vielleicht war es damals genau umgekehrt: Sarah war der Star und ich ihr Groupie.
Hans Salomon ist Saxofonist einer der letzten noch aktiven Persönlichkeiten des Wiener Jazz. Anlässlich seines 80. Geburtstages am 10. September werden dem Künstler im Monat September gleich mehrere Ehrungen zu Teil: Am 9.9 wird seine Biografie "Jazz, Frauen und wieder Jazz" veröffentlicht, am 10.9 ein Geburtstagskonzert im Porgy & Bess und am 30.9 findet eine prominent besetzte "A Tribute to Hans Salomon- 80 Birthday Gala" im Wiener Ronacher statt.