Vergnügen, das: inneres Wohlbehagen, das jemandem ein Tun, eine Beschäftigung, ein Anblick verschafft. Kultur, die: Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft. Gedanken zur Vergnügungssteuer.
Alle paar Jahre gibt es bei uns erfreulicher- wie notwendigerweise eine Initiative, die Missstände und andere Umständlichkeiten in der Clubszene anprangert. Dass sich in der Wiener Partywelt in den letzten Jahren viel getan hat, vom 24-Stunden-Betrieb der Wiener Linien an den Wochenenden bis zur heiß ersehnten Sperrstundenverlängerung bis 6.00 Uhr und der Eröffnung zahlreicher neuer Clubs, ist kein Geheimnis. Ebensowenig allerdings die Tatsache, dass Wien eine der letzten Bastionen der Vergnügungssteuer ist.
Die Unterscheidung von E und U muss endlich fallen
15 Prozent der Einnahmen am Eingang und acht Prozent von der Bar gehen hier, zusätzlich zu den 20 Prozent Mehrwertsteuer, die man sowieso zahlt, an das Finanzministerium. Gemeinsam mit den AKM-Gebühren und der Versteuerung der Honorare ausländischer DJs ist das für Veranstalter eine schwere Last. »Die Steuerpflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass gleichzeitig erbauende, belehrende oder andere nicht als Vergnügungen anzusehende Zwecke verfolgt werden oder dass nicht die Absicht besteht, eine Vergnügung zu veranstalten. Für die Steuerpflicht ist es auch unerheblich, ob für die Teilnahme an der Veranstaltung ein Entgelt verlangt wird oder nicht, sofern der einzelne Steuertatbestand nichts Gegenteiliges bestimmt«, steht im dazugehörigen Gesetzestext. Der Absatz liest sich wie eine Farce. Als »Kultur« bezeichnet man immerhin alles, was nicht mit der Deckung der Grundbedürfnisse von Essen bis Schlafen zu tun hat, und das, was lange Zeit »Unterhaltungsmusik« hieß, wird schon lange nicht mehr mit dem abfälligen Begriff »Spaßkultur« gleichgesetzt. Und wenn schon: Spaß, na und? Clubs sind und werden in Zukunft hoffentlich noch mehr zu Orten kultureller Vielfalt und Begegnung, und auch ihre Bedeutung für die Förderung von Musikszenen ist unbestritten.
Clubcharta 2030
Unter dem Namen Clubcharta 2030 stehen die heimischen Clubbetreiber und Party-Veranstalter nun erstmals beinahe gesammelt dafür ein, von der Stadtpolitik als Kultur- und Wirtschaftstreibende ernster genommen zu werden. Celeste, Fluc und Pratersauna ziehen dabei, ansonsten eher ungewöhnlich, am gleichen Strang wie Praterdome oder Volksgarten. »Vor dem Gesetz wird jeder Club genauso behandelt wie ein Schnitzelwirt, nur weil es dort auch um Gastronomie geht«, ärgert sich etwa Peter Nachtnebel vom Fluc. Michael Palliardi, der Veranstalter des dreitägigen Vienna Summerbreak Festival, das auch die Streetparade beinhaltet, wünscht sich abgesehen von der Steuererleichterung auch mehr Förderungen zur Außenkommunikation von Wien als Party-Hotspot: »Wenn man alles zusammennimmt, bewegen die Clubs der Stadt an einem Wochenende 150 000 Leute.« Ein gewisser Reformwille sei aber bereits zu spüren und vielleicht kann man ja bald schon nach den Wahlen im Oktober mit einer Lockerung der Gesetze rechnen. Denn gerade in Zeiten wie diesen ist es umso wichtiger, ein »Weltbild, welches Verächtlichmachung und Hetze, Ausländerfeindlichkeit und Chauvinismus keinen Platz gibt«, wie es in der Erklärung der Clubcharta steht, zu fördern. One Love.
Katharina Seidler schreibt für FM4, Falter und twittert auch manchmal hier.