Eine kleine Nationalratswahlhilfe – The Gap fragt, die Parteien antworten

Wir haben an jene sieben Parteien, die nach aktuellen Umfrage­ergebnissen bei der Nationalratswahl am 29. September realistische Chancen auf einen Einzug ins Parlament haben, einen Fragebogen ausgeschickt – mit der Bitte um kurze, prägnante Antworten.

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Soll es für heimische Radiosender eine Quote für Musik aus Österreich geben?

ÖVP: Die Einführung einer Quote für Musik aus Österreich für österreichische Radiosender kann ein hilfreiches Mittel sein, um die verstärkte Präsenz österreichischer Künstler am heimischen Radiomarkt zu unterstützen. Die konkrete Ausarbeitung und Umsetzung einer solchen Quote muss jedoch in Absprache mit den betroffenen Stakeholdern erfolgen.

SPÖ: Im Fernsehen fehlen – zumindest im Bereich der populären Musik – adäquate Angebote; im Radio hat vor allem Ö3 nach wie vor Nachholbedarf. Aus Sicht der SPÖ muss der ORF seine Rolle als einziger öffentlich-rechtlicher Sender in Österreich wahrnehmen und das heimische Kulturschaffen unterstützen. Quoten könnten dabei ins Auge gefasst werden.

FPÖ: Die FPÖ setzt sich für mehr heimische Musik im ORF ein, um österreichischen Künstlern eine Plattform zu geben. Quoten sind in dem Zusammenhang ein denkbarer Weg, nicht jedoch für private Medien, die sich am freien Markt finanzieren und nicht durch eine Zwangssteuer finanziert werden.

Die Grünen: Nein. Wir befürworten zwar jede Stärkung des österreichischen Musikmarktes und sehen es sehr positiv, dass sich der ORF freiwillig zu einer Quote bekennt, welche unserer Meinung nach auch durchaus höher sein könnte. Eine gesetzliche Mindestquote wäre aus unserer Sicht aber weder mit EU-Recht noch mit der Freiheit und Vielfalt der Kunst vereinbar.

Neos: Nein. Wir lehnen die staatliche Einmischung in die freie Programmgestaltung unabhängiger Medienhäuser ab.

KPÖ: Ja, es gibt viele tolle Musikerinnen und Musiker, auch abseits des Mainstreams. Diese sollen auch im öffentlichen Rundfunk gehört werden können.

Bierpartei: Es gibt bereits seit 2009 eine Selbstregulierung der öffentlich-rechtlichen Radioanstalten. Die auferlegten 30 Prozent sind noch nicht erreicht, also sollten wir hier mal ansetzen.

Sollen im Bereich der Kulturförderung Mittel von der Hochkultur in Richtung Popkultur verschoben werden?

ÖVP: Die Kulturförderung ist ein wichtiges Instrument, um Österreichs Kulturschaffende und deren Arbeit zu unterstützen. Es geht immer darum, eine Balance zwischen den einzelnen zu fördernden Sparten zu finden, um eine gerechte Aufteilung der Fördergelder sicherzustellen. Eine Verschiebung der Mittel ist demnach nicht vorgesehen.

SPÖ: Der SPÖ geht es nicht um das Ausspielen unterschiedlicher Musikstile gegeneinander. Eine Verschiebung der Mittel ist daher nicht zielführend. Wir sprechen uns stattdessen dafür aus, das Kulturbudget generell zu erhöhen und hier einen besonderen Fokus auf Popkultur zu legen.

FPÖ: Es geht nicht um die Verschiebung von Fördermitteln, sondern darum, dass der Musikwirtschaft jener Stellenwert eingeräumt wird, den sie verdient. Gelingen kann das mit einem »Masterplan Musikstandort Österreich«, der unter Einbindung aller Akteure und auf Grundlage der Studie »Wertschöpfung der Musikwirtschaft in Österreich« erarbeitet werden soll.

Die Grünen: Wo endet »Hochkultur« und wo beginnt »Popkultur«? Nicht zuletzt wegen solcher Fragen sollten auch Begriffe wie diese keine Bewertungs- und Einordnungskriterien in der Förderung sein. Selbstverständlich wollen wir aber die zeitgenössische Kunst und Kultur im regionalen, nationalen und internationalen Bereich stärken, damit sie sich entfalten kann.

Neos: Nein, es sollte nichts verschoben werden, sondern der Fokus stärker auf die Chancen und Möglichkeiten der Freien Szene gelegt werden.

KPÖ: Für die KPÖ soll Kulturförderung in Österreich ein Angebot an die gesamte österreichische Bevölkerung ermöglichen. Aktuell sind nur 22 Prozent »intensive« oder »regelmäßige« Besucher*innen von Kulturangeboten, während ein Fünftel der Menschen gar keine Angebote wahrnimmt. Hier kann der Staat mit Förderungen lenkend eingreifen und populäre Kultur unterstützen.

Bierpartei: Die Kulturlandschaft in Österreich ist vielfältig, und ja, das sollte sich auch bei der Förderung widerspiegeln.

Welche Maßnahmen planen Sie, um Jugendliche und junge Erwachsene besser in politische Prozesse einzubeziehen?

ÖVP: Österreich ist Vorreiter bei der Jugendbeteiligung. Dazu zählen das Wahlalter von 16 Jahren und der Jugend-Check, der die Auswirkungen von Gesetzen auf die nächste Generation prüft. In der Jugendkonferenz diskutieren junge Menschen außerdem Jugendziele direkt mit Politikerinnen und Politikern. Diese Beteiligung wollen wir in Zukunft weiter stärken.

SPÖ: Kinder und Jugendliche können im Rahmen von Kinder- und Jugendorganisationen oder in den Bildungseinrichtungen ideal eingebunden werden, daher ist ein wichtiger Ansatzpunkt die Stärkung der Bundesjugendvertretung und der Schulpartnerschaft. Für die SPÖ ist Schule ein Ort, wo Bildung im Sinne von Weltverbesserungsräumen breit gedacht wird.

FPÖ: Nicht zuletzt die Corona-Maßnahmen wirkten sich negativ auf das Vertrauen in die Politik aus. Umso wichtiger ist es, mit Maßnahmen wie der Stärkung direktdemokratischer Instrumente (Volksbegehren, Volksbefragungen und Volksabstimmungen) oder dem Ausbau der Kommunikationskanäle u. v. m. entgegenzuwirken und die Einbindung der Jugend sicherzustellen.

Die Grünen: Wir wollen die Bundesjugendvertretung als gesetzliche Interessensvertretung junger Menschen stärken. Junge Menschen sollen bei Gesetzen, die sie betreffen, gehört werden. Daher fordern wir eine Aufwertung und bessere Verankerung des Jugend-Checks, durch den alle Ministerien Gesetzesvorhaben vorab auf ihre Auswirkungen auf junge Menschen überprüfen müssen.

Neos: Wir müssen junge Leute dafür begeistern, selbst politisch aktiv zu werden. Denn: Junge Menschen in der Politik können jungen Wähler*innen so das Vertrauen wiedergeben, dass die Politik sich um ihre Anliegen kümmert. Alle Parteien sollen Beteiligung von Jugendlichen nicht als Symbolpolitik, sondern als echtes Anliegen begreifen.

KPÖ: Zu Recht sind viele junge Menschen von den etablierten Parteien enttäuscht. Dagegen helfen weder Imagekampagnen noch als »Teilhabe« getarnte Marketingmaßnahmen. Es kommt darauf an, Politik zu machen, die konkrete Lebensumstände verbessert und wieder Perspektiven bietet.

Bierpartei: Wir veranstalten österreichweit Stammtische, bei denen auch viele junge Menschen mitmachen, wir uns mit ihnen austauschen und ihnen somit ein Sprachrohr bieten. Wie in unserem Entpolitisierungspaket steht, wollen wir Menschenräte implementieren – und Ansichten von jungen Menschen direkt in den politischen Entscheidungsprozess einbinden.

Welche sind die dringlichsten Maßnahmen im Umgang mit der Klimakrise?

ÖVP: Beim Klimaschutz ist es am wichtigsten, Anreize und Alternativen zu schaffen, anstatt Verbote auszusprechen. Wichtig ist es, Chancen zur Innovation zu ergreifen und die vorhandenen Mittel kosteneffektiv einzusetzen (Green Budgeting). Wir müssen weniger über den Verzicht, sondern mehr über die positiven Effekte von Klimaschutz sprechen.

SPÖ: Für die SPÖ hat der Kampf gegen die Erderhitzung oberste Priorität. Er ist auch eine Verteilungsfrage: Die reichsten zehn Prozent verursachen die Hälfte der Emissionen, die dramatischen Folgen treffen uns alle. Wir wollen konkrete Maßnahmen (Verbot von Privatjets, Verlegung des Warentransports auf die Schiene, Klima-Transformationsfonds) setzen.

FPÖ: Da eine intakte Umwelt Lebensqualität und Wohlbefinden bringt, ist es im ureigensten Interesse eines jeden, sie zu schützen. Den Bürger eigenverantwortlichen Klimaschutz mit Hausverstand leben lassen und Innovationen fördern statt Verbotswahn und fundamentalistische staatliche Umerziehungssteuern wie die CO2-Steuer sind das bessere Rezept.

Die Grünen: Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Sie führt zu menschlichem Leid, der Zerstörung von Ökosystemen und unermesslichen Kosten. Deshalb braucht es etwa den Umbau unseres Energiesystems auf erneuerbare Quellen bis 2040, eine deutliche Reduktion unseres Energieverbrauchs sowie den Schutz unserer Natur und die Wiederherstellung von Ökosystemen.

Neos: Am wichtigsten ist ein CO2-Preis, der einen Anreiz für weniger Emissionen schafft. Österreich braucht außerdem ein Klimaschutzgesetz zur Erfüllung der Klimaziele. Die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen ist auch zu forcieren, wie verbindliche Ziele beim Erneuerbaren-Ausbau für die Länder. Zudem muss der Flächenfraß reduziert werden.

KPÖ: Beim Verkehr müssen die Öffis stark ausgebaut werden. Im Energiebereich müssen der Umstieg auf erneuerbare Energien und der Heizungstausch so ablaufen, dass keine zusätzlichen Kosten auf die Menschen zukommen. Daneben muss die Anpassung an Hitze und Unwetter vor allem Rücksicht auf jene nehmen, die es sich nicht selbst richten können.

Bierpartei: Wir müssen die fortschreitende Bodenversiegelung in den Griff kriegen. Unser Lösungsvorschlag: eine übergeordnete Raumplanung, eine Mehrwertabgabe bei Umwidmungsgewinnen und ein maximaler Bodenverbrauch von 2,5 Hektar pro Tag – daran scheitert Österreich seit 20 Jahren. Die Bierpartei bekennt sich ganz klar zu Klimaschutz und Klimazielen.

Soll für trans Menschen der Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten wie Pubertätsblockern vereinfacht werden?

ÖVP: Nein. Die gegenwärtigen Gender-Ideologien bergen die Gefahr, dass sich Minderjährige dazu verleiten lassen, fragwürdige Therapien in Anspruch zu nehmen – mit nicht abschätzbaren Folgen für ihr weiteres Leben. Daher setzen wir uns für ein Verbot von Hormonbehandlungen unter 18 Jahren ein, sofern keine medizinischen Gründe vorliegen.

SPÖ: Die besten Entscheidungen über die notwendigen Maßnahmen bei trans* Personen werden zwischen den Betroffenen, Ärztinnen, psychosozialen Expertinnen sowie – im Fall von Jugendlichen – unter Einbeziehung ihrer Familie getroffen. Die in Österreich vorgeschriebenen Regelungen reichen aus und entsprechen den wissenschaftlichen und medizinischen Standards.

FPÖ: NEIN, Pubertätsblocker sind ausnahmslos auf medizinisch indizierte und in der Behandlung alternativlose Fälle einzuschränken.

Die Grünen: Ja. Der Einsatz von »Pubertätsblockern« wird im Einzelfall von Expert*innen mit allen beteiligten Personen entschieden. Internationale Leitlinien geben eine Handlungsanleitung für die Anwendung. Der Zugang sollte bei einer notwendigen Indikation nicht erschwert werden, insbesondere wenn die psychosoziale Gesundheit von trans Personen gefährdet ist.

Neos: Studien sehen die verbreitete Nutzung von Pubertätsblockern eher problembehaftet. Wichtig wäre ein besserer Zugang zu psychologischer Beratung und medizinischer Begleitung während der Pubertät. Auch die Kompetenz beim medizinischen Personal hinsichtlich Qualität und Verfügbarkeit von medizinischer Begleitung für Transpersonen muss ausgebaut werden.

KPÖ: Gerade jugendliche Menschen müssen jede mögliche – auch therapeutische – Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Wenn Pubertätsblocker und eine Transition für sie nach Beratung der richtige Weg sind, sollte dieser möglichst leicht erreichbar sein.

Bierpartei: Es muss behutsam im Einzelfall entschieden werden, was für betroffene Jugendliche das Beste ist, und dafür müssen viele Aspekte sorgfältig abgewogen werden. Grundlegend ist es wichtig, dass trans Personen vollumfassenden Zugang zu evidenzbasierter, unterstützender medizinischer und vor allem wertschätzender Versorgung haben.

Die österreichische Nationalratswahl findet am 29. September statt. Wahlkarten für alle, die da nicht in ihrer Hauptwohnsitzgemeinde sind, können bereits jetzt online beantragt werden.

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