Gin Ga veröffentlichen mit »Yes/No« schlicht das beste von ihnen erhoffbare Album. Pop voll großer Momente, verspielter Details und einer immer noch tief stapelnden Produktion.
Die Drums und Rhythmen treten in der Vordergrund, die Keyboard-Flächen (die sich abwechslungsreicher gestalten als die schon bekannten Geigen-Klänge) wurden opulenter und mutiger und es gibt noch mehr mehrstimmige Gesänge. Gin Ga überraschen auf ihrem zweiten Album »Yes/No« dabei in erster Linie mit der durchgängigen Qualität des Ergebnisses. Alle bisherigen Veröffentlichungen haben diese Richtung angedeutet, die – von gewohnt stimmigen Videos unterstützen – Previews »Dancer« und »Golden Boy« haben die Erwartungen verdichtet und die Konzerte der letzten Monate schon vorab jeden Zweifel beseitigt: Indie-Geschrammel findet sich auf »Yes/No« nur mehr als bewusst eingesetztes Stilmittel, statt dessen ist das Album ein Bekenntnis zu großem Pop ohne Berührungsängsten. Ein Musikverständnis, dass sich nicht bei den Trends der letzten Jahre bedient und diese nicht bedient.
Klarheit und …
Die musikalische Sozialisierung reicht hier in die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts und noch weiter zurück. Die verschiedenen – alle großartigen – Versionen des Debüts »They Should Have Told Us« (Hier meine Review der ersten Version von 1998) ließen dies bereits erahnen, ja, haben es mitunter sogar versprochen. Die Verbreiterung des Sound-Spektrums und der endgültige Abschied vom Selbstverständnis als Gitarrenband waren immer schon vorbereitet, werden nun aber ausgespielt. Die Band-Strukturen scheinen dabei heute klarer – es gibt weniger Instrumentenwechsel; gleichzeitig wurden der Sound und die Mittel vielfältiger. Eine Klarheit, die dann irgendwie auch wieder Platz für Ideen und Spielereien geschaffen hat. Beinahe alle davon gehen auf und mit ein bisschen Humor geht sich auch das wiederkehrende Synthie-Thema in »When I Speak Your Name« locker aus. Wer versucht die Einzelteile des großartigen »Remember Whatever« zu beschreiben, landet bei Worten, die für das letzte Daft Punk-Album benutzt wurden – Gin Ga füllen diese aber mit mehr Leben und weniger Kalkül.
Könnte irgendetwas besser sein? Gin Ga halten nach wie vor an einer detailreichen Indie-Produktion fest, die verhindert, dass manche Momente im Kitsch aufgehen, es andererseits aber auch schwerer macht, dass weniger offene Ohren Zugang finden. Die Songs würden jedenfalls mehr Stadion-Sound vertragen, als tatsächlich zu hören ist. Nach wie vor großartig auch Alex Konrads Stimme, die jederzeit Dringlichkeit ausdrückt, sich aber dem Band-Sound unterordnet. Die Texte zeugen von Humor und Stilbewusstsein – treten aber nie gegenüber den musikalischen Ideen in den Vordergrund. Die Songs sind so groß und gut, sie würden ein bisschen mehr Show und Schein vertragen; live bekommen sie immerhin teilweise mehr Druck.
… Euphorie
»Yes/No« zeugt in jedem Moment von einer zwingenden Entschlossenheit, zeigt eine Band, die die letzten Jahre genützt hat, um zu reifen, die große Songs schreiben und diese vielfältig instrumentieren kann. Viele Details findet man hier sowieso, aber warum sich damit aufhalten: Lieber kapitulieren und sich der großen Euphorie hingeben.
"Yes/No" von Gin Ga erscheint am 12. Oktober 2013 auf Monkey Music. Die Release-Party findet am selben Tag im Brut Wien statt.