Einmal ohne Bühne, bitte!

Die Szene in Wien floriert. Doch neben den großen Locations wird nach wie vor in kleinen Clubs, in den Beisln und Pubs der Hauptstadt gefeiert. Doch tut sich da irgendwas? Genau hier fragen wir nach. Heute bei Oliver und Claudia vom Kiez.

Schränkt ihr euer Programm musikalisch ein oder darf hier wirklich jeder spielen?

O: Wir müssen schon auch ein bisschen auf die Stammgäste Rücksicht nehmen. Hardcore oder Heavy Metal finden bei uns nicht wirklich ein Gehör. Aber sonst sind wir nicht eingeschränkt. Am Besten funktionieren Rock, Indie, Funk oder halt auch sehr expressive Singer-Songwriter wie Onk Lou zum Beispiel.

C: Wir hatten auch schon Volksmusik, Austropop oder Wiener Lieder hier. Die Wandervögel zum Beispiel. Da habe ich geglaubt, die Minnesänger sind angetreten. Das war wirklich köstlich.

Da wir gerade von den Wandervögeln und Onk Lou sprechen. Ihr habt ja mehr oder weniger das halbe Line-Up des Straßenmusikfestivals Down Under The Bridge gebucht. Wie ist es dazu gekommen?

O: Ich habe die meisten schon gebucht, bevor ich vom Down Under The Bridge gehört habe. Das war wohl ein grenzgenialer Zufall.

Gibt es dann bei euch aber nur akustische Musik? Bekommt ihr sonst Probleme mit den Nachbarn?

O: Nein, gar nicht. Viele spielen mit Verstärker. Wir haben hier ne Anlage, wo sie sich anstecken können. Aber die meisten wollen von sich aus freiwillig akustisch spielen, weil es für den Raum besser passt. Groß ist es hier ja nicht.

Habt ihr euch es zur Mission gemacht, vor allem auch junge Künstler zu supporten?

C: Auf jeden Fall. Wir wollen eine Plattform für Künstler sein. Es ist eine Win-Win-Win Situation. Für uns ist es jedes Mal ein Erlebnis. Wir lernen interessante Künstler kennen, die wir sonst nicht kennenlernen würden, weil wir hier eh nie rauskommen. Andererseits haben die Künstler die Möglichkeit hier zu spielen und gehört zu werden. Und unsere Gäste erleben eine bunte Mischung an Musik. So gewinnen alle.

O: Wir haben Musiker schon oft gefragt, wieso sie in unser 50-Personen-Lokal kommen, wenn sie normal vor Hundert oder Fünfhundert Leuten spielen. Der Konsens war, dass Vollblutmusiker es einfach lieben, Face to Face zu spielen. Quasi in einer Wohnzimmeratmosphäre.

Musik ist ja Kunst. Habt ihr das Budget diese Kunst zu bezahlen?

C: Wir schaffen es gerade noch. Aber wir würden uns wünschen, den Musikern mehr zahlen zu können. Wir haben das Budget niedrig angesetzt, weil wir uns sonst verkühlen würden. Manchmal blutet mir da schon das Herz. Aber wir gehen auch immer mit dem Hut herum, um dem Musiker noch extra was zu erwirtschaften. Und da bin ich dann wie ein Piranha und lass nicht locker.

Funktionieren solche Motto- oder Themenparties besser als Livekonzerte?

O: Im Gegenteil. Die Live-Musik funktioniert bei uns am Besten.

C: Oft sehen Leute im Vorbeigehen durch die Glasfront, dass hier ein Musiker spielt. Die kommen dann rein und sind total happy.

Aber was passiert dann im Kiez, wenn keine Konzerte sind?

O: Die Musik, die wir hier spielen, ist extrem unterschiedlich. Ich passe es immer an die anwesenden Gäste an. Jedoch hat der Großteil der Leute meistens Indie-Rock gerne. Ansonsten Funk, Soul, Jazz und Rock.

Spielt ihr auch österreichische Musik?

O: Ja, das ist uns wichtig. Österreichische Musik schmuggeln wir oft in unsere Playlists unter, ohne dass es die Leute merken. In der österreichischen Musik gibt es ja großartige Sachen. Das muss man nicht verstecken. Wir reden hier nicht mehr nur von Austropop, Schlager und Wiener Lied, sondern allen möglichen Genres, die im internationalen Stil hier produziert werden.

Gibt es den typischen Kiez-Gast?

C: Ich würde sagen der Kiez Gast ist auf jeden Fall ein bisschen schräg. Aber grundsätzlich haben wir ein sehr gemischtes Publikum. Alle Berufs- und Altersgruppen. Wir haben wirklich ein 80-jähriges Pärchen, das immer wieder zu den Konzerten kommt.

Jetzt ist Wien ja gerade im ESC-Fieber. Wenn man die Stadthalle verlässt und schnell mal über den Gürtel stolpert, steht man ja vorm Kiez. Habt ihr was Besonderes geplant?

O: Gestern war schon Team Belgien bei uns auf Streifzug. Die sind auf jeden Fall trinkfest. Und es werden sicher noch andere Leute vorbeikommen, aber außer ein Public Viewing haben wir noch nichts geplant.

Was muss ich tun, um bei euch nicht reinzukommen.

C: Das kann ich dir sofort beantworten. Scheiße drauf sein und raunzen. Scheiße hat jeder den ganzen Tag, da braucht man nicht am Abend noch an der Bar sitzen und sudern. Wir wollen, dass sich die Gäste gut fühlen, dass wir uns gut fühlen.

Das Kiez bietet jede Woche Konzerte, in einem sehr sehr kleinen, aber gemütlichen Rahmen. Mehr als 50 Leute passen hier nicht rein. Dafür gibt es immer wechselnde Biersorten. Ein großes Bier kriegt man übrigens ab 3,90, einen Spritzer ab 2,90. Anti-Alk ab 1,50 und Shots ab 2,50.

Mehr zur kleinen Clubkultur gibt es hier:

Das Bach: Der Punk geht den Bach runter

Polkadot: Jetzt bin ich der Chef

Shelter: Gimme Shelter

Café Carina: Rock’n Roll im Drogenmilieu

Local: Rock am Ende des Gürtels

B72: Indie Disco Inferno auf zwei Floors

Tüwi: Eine endlose Abrissparty

Café Prosa: Luft und Liebe

Avalon: Wirtshaus mit Kulturschock

Tonstube: Fusion-Clubbar mit Privatstrand

Zwe: Jazz ist anders

Loop: Nevermind the Cocktails

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