Das Theater von Rimini Protokoll wirft in „100 Prozent Wien – eine statistische Kettenreaktion“ ungewöhnliche Bilder auf Menschen nach Zahlen.
„Für das statistische Jahrbuch geraten Menschen Seite für Seite in Tortenstücke, Säulen und Kurven, die für politische Argumentationen und ökonomische Kosten-Nutzen-Strategien verwendet werden. Wir haben uns gefragt: Was wäre, wenn diese Statistiken Gesichter und Körper bekämen?“, fasst Stefan Kaegi, neben Helgard Haug und Daniel Wetzel einer der drei Köpfe von „Rimini Protokoll“, die Idee hinter „100 Prozent Wien“ zusammen. Klingt nach der Mathe-Nachhilfestunde, die man nie hatte. Und ist nicht nur ein Berliner Export – (Ende Mai die Eigenproduktion und Weiterentwicklung des Grundkonzepts im Rahmen der Wiener Festwochen), sondern gleichsam auch Expertenschlager des performativen Theaters alá „Gob Squad“, René Pollesch und Konsorten.
Denn das Theater von „Rimini Protokoll“ („Protokoll heißt dokumentarisch mitschreiben oder repräsentativ logistisch vor denken. Rimini hat drei i. Außerdem ist es eine Stadt, in der wir noch nie waren.“, so Kaegi) hat sich ganz dem Expertentum verschrieben. Schauspieler gibt es, außer im Notfall, keine, sondern eben Experten, die auf der Bühne einer bestimmten Funktion nachkommen. Im Fall von „100 Prozent Wien“ sind das jene Menschen, die sich, im besten Kettenbrief-Stil nach Alter oder Wohnsitz gecastet, nach Geschlecht, politischer Gesinnung, bevorzugten Printmedien, Verkehrsmitteln oder Glaubensbekenntnissen sortiert, auf einer 100m² Drehbühne versammeln. „Die 100 Wiener werden auf Rädern unterwegs sein oder zu Statistiksäulen anwachsen.“, verrät Kaegi vorab jene Details, die durch die Größe der Halle E im Museumsquartier im Gegensatz zum Vorgänger „100 Prozent Berlin“ (vor zwei Jahren am Hebbeltheater) möglich werden.
Alles in allem ein, wenn man es in der Modelsprache sagen müsste, eindeutiges „Go-See“.
100 Prozent Wien
27.5. – 30.5.
Halle E im Museumsquartier
