Falsche Versprechen hinterm Mond

»Iron Sky« ist ein finnischer Science-Fiction-Film über deutsche Nazis, die sich hinter dem Mond verstecken. Mittels Crowdfunding konnten sich Fans an Drehbuch und Finanzierung beteiligen. Doch was nach innovativer Satire klingt, bleibt filmisch auf halbem Weg stecken.

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Ähnlich wie bei den meisten Naziploitations ist der Plot von »Iron Sky« schnell erzählt: Als im Jahr 2018 zwei US-Astronauten die dunkle Seite des Mondes erforschen, entdecken sie das Unfassbare: Nazis. Auf dem Mond bereiten sich die Nationalsozialisten heimlich auf den großen Schlag gegen die Erde vor. Über einige Umwege der eigenwilligen Story und dank einer machtbesessenen US-Präsidentin gelingt der Angriff auf die Erde. Die Geheimwaffe »Götterdämmerung« wird aktiviert. Aber auch die Vereinten Nationen warten mit einer Überraschung auf. Schließlich kommt es zum opulenten Showdown mit dem personifizierten Bösen aus Deutschland.

Partizipatives Kino

Aufmerksamkeit erregt »Iron Sky« aber nicht nur als schräge Nazi-Science-Fiction, sondern auch durch seine Planung und Finanzierung. Das Besondere daran: die Fans der Filmemacher wurden bei der jahrelangen Umsetzung des Films maßgeblich miteinbezogen. So gab es Foren, in denen Filmbegeisterte ihre Vorschläge zu Szenerien, Dialogen oder Figuren direkt mit dem Regisseur Timo Vuorensola diskutieren konnten. Außerdem war es möglich, sich durch Crowdfunding finanziell am Kinoprojekt zu beteiligen. Zehn Prozent des 7,5 Mill. Euro-Budgets wurden so bereitgestellt. Mittlerweile ist Crowdfunding zur gängigen Praxis einer alternativen Filmindustrie geworden. So geschehen etwa bei dem Experimentalfilm »The Age of Stupid« (2007) oder auch beim bisher erfolgreichsten Film »Blue Like Jazz« (2012): Dieser bekam durch Crowd-Funding beinahe das Dreifache des benötigten Budgets in die Kasse.

Abgenutzte Klischees und enttäuschte Erwartungen

Mit Filmen wie »They Saved Hitler’s Brain« (1969), »Fräulein Devil« (1977) oder, dem bekanntesten dieser Art, »Ilsa, She-Wolf Of The SS« (1974), wurden in der Exploitation-Ära der 60er und 70er große Erfolge gefeiert. Aberwitzige Wendungen und überhöhte Stilisierungen der nationalsozialistischen Figuren, was Uniformen oder Umgangsweisen betrifft, sind dabei charakteristisch. Im Mittelpunkt stehen meist dominante Frauen in SS-Uniform, die Männer erniedrigen und vergewaltigen. Eine Hommage an dieses zum Kult gewordene Sub-Genre lieferte auch Quentin Tarantino mit seinem Fake-Movie »Werewolf Women Of The SS« (2007) unter der Regie von Rob Zombie.

Doch während »Iron Sky« mit einer vergleichbar unkonventionellen Weltraumidee startet, mangelt es dem Film in der Umsetzung seines abgedrehten und kreativen Potenzials. Mit lediglich einfallslosen Mechanismen sollen Nazi-Assoziationen bedient werden. Doch wenn beispielsweise ein stramm stehender Götz Otto von der perfekten genetischen weil arischen Zusammengehörigkeit zwischen ihm und seiner Verlobten spricht, ist das humoristisch noch nichts Neues. Ebenso wenig wie die Verwendung von typisch deutschen Wörtern wie »Sauerkraut« oder die durchwegs dröhnende, martialische Musik der Gruppe Laibach. Die Vorhersehbarkeit der Handlung und die undifferenzierten Charaktere lassen zahlreichen Szenen nur platt erscheinen. In Summe enttäuscht »Iron Sky« die großen Erwartungen, die seine Fans und Investoren in ihn setzten. Was am Ende bleibt, sind aufwendige Special Effects und abgenutzte Nazi-Klischees. Originelle Exploitation braucht auch 2012 mehr als eine abenteuerliche Idee. Es bleibt zu hoffen, dass das vielversprechende Crowdfunding-Konzept in Zukunft auf konsequentere Realisierungen trifft. Besonders, wenn es sich um etwas so Vielversprechendes wie Killer-Nazis vom Mond handelt.

»Iron Sky« ist ab 5. April in den österreichischen Kinos zu sehen (via Einhorn Film). www.ironsky.net bietet allerlei Trivia und Background.

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