Angenehm langweilig

Sound of 2014 und Garant für nerviges Genöhle Sam Smith veröffentlicht sein Debüt „In The Lonely Hour“ mit reichlich Verspätung und macht richtig ernst. Der nächste Kuschelrock-Sampler bekommt damit jedenfalls ziemlich viel potentielles Material.

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Leidiges Falsetto-Winseln, eingängie Hook, Standard-Beat à la Naughty Boy – Sam Smith wollte mit der Vorab-Single zu seinem Album wohl ein „La La La“ 2.0 bieten und hat dies in Sachen Radio-Rotation und Nerv-Potential auch eindeutig geschafft. Solange die Kassen klingeln wird Sam sich wohl auch freuen. Auf Album-Länge schlägt der entfernte Cousin von Lily Allen nun aber eine völlig andere, noch viel lahmarschigere Richtung ein. Eingestellt hatte man sich ja auf eine Platte voller „Money On My Mind“s.

James Morrison, is that you?

Sam, der alte Wiffzack, hat uns vollkommen hinters Licht geführt. Wo sind die hektischen Beats, wo das Gejaule, wo die unliebsame Vokalakrobatik? Wir haben hier auf der normalen nicht-so-Deluxe-Version des Albums zehn Tracks, neun davon sind weichgespülte Kuschel-Soul-Balladen, einer ist „Money On My Mind“. Das verwirrt erst mal. Und klingt verdammt stark nach James Morrison. So sehr, dass man wissen möchte, ob der womöglich in die Entstehung der Platte eingebunden war. Schläfrig wird man außerdem auch. Die Indizien sprechen also eindeutig für eine Morrison-Beteiligung. (Wahrscheinlich ist das Blödsinn, aber es klingt doch wirklich so.)

Oh Gott, „I’m Not The Only One“ würde einfach so mega gut in eine dieser After-Fight-Szenen eines kitschigen RomCom-Streifens passen. Owen Wilson spaziert nachdenklich im Regen und denkt über den heftigen Streit mit Kate Hudson nach, während die zuhause sitzt, sich Fotos ansieht und heult. Ein Hundebaby sollte auch vorkommen. Ich schweife ab.

Grau in Grau

Ah, Gospel-Chor im Background. Nicht schlecht. Sam Smith ist ganz offensichtlich ein ernstzunehmender Künstler und Musiker. Das erkennt das geprüfte Pop-Auge hier schon am Depri-Artwork. Gedankenvoller, nach unten gesenkter Blick, das traurige Gesicht an den Händen abgestützt. Sam Smith trägt schwarz. Meine Damen und Herren, serious artist right there. Wenn man so darüber nachdenkt, dürfte sich das doch eigentlich recht gut verkaufen. Adele hat immerhin mit einer Aneinanderreihung von faden Liebeskummer-Schnulzen ein Megaseller-Album geschafft (Serious Face-Artwork war ebenfalls vorhanden). „Like I Can“ klingt ohnehin etwas nach „Rolling In The Deep“. Will uns Sam Smith etwa die männliche Adele machen und dabei wie James Morrison klingen? Anscheinend. Angenehmer als „La La La“ klingt das allemal, also sollte man sich wohl glücklich schätzen, dass „In The Lonely Hour“ so schnarchig ausgefallen ist.

„In The Lonely Hour“ von Sam Smith erscheint am 23. Mai 2014 via Capitol Records.

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